Gollenz Physik 2, Schulbuch

105 Gleit- oder Segelflug so perfekt, dass er über dem offenen Meer ohne einen einzigen Flügelschlag tagelang segeln und dabei mehr als 10 000 km zurücklegen kann. Es gibt aber auch noch größere Vögel, z. B. den Strauß (Abb. 56.5). Er ist so schwer, dass sich bei ihm keine zum Fliegen brauchbaren Flügel entwickelt haben. Fledermäuse sind Säugetiere, die den Luftraum erobert haben. Über ihr Arm- und Handskelett bis zu den Fußgelenken spannt sich eine Flughaut. Sie sind wahre Flugkünstler und schaffen es, durch eine eigene Flugtechnik in der Luft stehen zu bleiben. Dadurch ist es ihnen möglich, Insekten von Blättern herunter zu fressen. Durch ihren Ultraschallortungssinn können sie in der Nacht fliegen, ohne irgendwo anzustoßen. Sie sind deshalb auch in der Lage, in großen Schwärmen durcheinander zu fliegen, ohne sich gegenseitig zu berühren. Bei den Fluginsekten bestehen die Flügel aus festen Adern, die mit einer hauchfeinen Membran überzogen sind (Abb. 56.6), ähnlich wie dünne, ebene Platten. Während des Flügelschlages werden sie so gedreht, dass gleichzeitig Vortrieb und Auftrieb entstehen. Viele Insekten haben zwei Flügelpaare, die beim Fliegen zusammenwirken. Bei den Käfern sind die vorderen Flügel zu starren Deckflügeln umfunktioniert. Während des Fluges werden sie abgespreizt und wirken wie Tragflächen. Eine einzigartige Flugtechnik haben die Libellen. Hast du ihren ZickzackFlug schon einmal beobachtet? Viele Pflanzen verbreiten ihre Samen per „Flugpost“. Der Flugsamen der Zanonia macrocarpa (Abb. 56.7), einer kletternden Kürbispflanze aus den Tropen, hat ganz besondere Flugeigenschaften. Das Samenkorn ist in einem Flügel mit ca. 10 cm Spannweite untergebracht. Dieser Flügel ist so leicht, dass er perfekte Gleiteigenschaften entwickelt. Somit kann der Samen sehr weit weggetragen werden. Er diente Ignaz Etrich (Abb. 56.8) als Vorlage für seine ersten Flugversuche (Abb. 56.9). Allerdings waren diese Flugversuche nicht erfolgreich, sodass Etrich noch einen „Schwanz“ dazu fügte, wie er ihn bei fliegenden Vögeln beobachtete. Mit diesem Wissen konstruierte er schließlich seine Etrich-Taube, die im Technischen Museum in Wien zu besichtigen ist (Abb. 57.1). Ähnlich wie Flugsamen können sich Staub aus Wüsten und Asche von Vulkanen über weite Gebiete verbreiten. Manche Pflanzen produzieren leichte Pollen, Pilze entlassen winzige Sporen in die Luft. Da diese durch ihren Auftrieb schweben oder nur langsam sinken, können sie durch Winde weit getragen werden und ermöglichen eine weite Verbreitung. Andere Pflanzen haben zum gleichen Zweck Samen mit Haaren, zum Beispiel Löwenzahn und Disteln. Die vom Wind herangewehten Pollen mancher Pflanzen lösen bei vielen Menschen Allergien wie z. B. Heuschnupfen aus. 56.5 Afrikanischer Strauß mit Kücken 56.6 Aderung der Flügel einer Libelle 56.7 Samen der Zanonia macrocarpa 56.9 Etrichs erste Flugversuche mit einem Gleiter. Die Flügelform ähnelt sehr stark der Form des Samens der Zanonia macrocarpa. 56.8 Ignaz Etrich (1879–1967), erfolgreicher österreichischer Flugzeugbauer Nur zu Prüfzwecken – Eigentum d s Verlags öbv

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