sprachreif 2, Schülerbuch

A23 Im Laufe des Schuljahres haben Sie sich bereits mehrmals mit sprachlichen Stilmitteln beschäftigt. Untersuchen Sie die beiden soeben gelesenen Rezensionen und unterstreichen Sie einige der verwendeten Stilmittel. Vergleichen Sie anschließend, welche Rezension häufiger mit Stilmitteln arbeitet. A24 Denken Sie an ein Buch, das Sie kürzlich gelesen haben. Sammeln Sie zu den folgenden Stilmitteln Beispiele, die Sie in einer Rezension verwenden könnten: Ellipse, Hyperbel, Personifikation, Vergleich, Klimax, Antithese, Metapher. Verfassen Sie anschließend zu einem Buch oder vor kurzem besuchten Theaterstück eine fundierte Rezension. Schreiben Sie zwischen 200 und 300 Wörter. B 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 76 „Über der Stadt hängt Nebel. Kannst du dir das vorstellen? Du kannst es nicht, es ist nämlich dieser verlogene Nebel, der sich aufführt, als wäre er Bewölkung. Der Hochstapler unter den Nebeln. Der Großkotz unter den Nebeln. Ja, man muß das so hart formulieren. Da nützt dir keine Erfahrung, du wirst ihn für Wolken halten, bis zehn Uhr wirst du denken, es sind Wolken heute. Bedeutende Meteorologen haben sich von diesem Nebel hinters Licht führen lassen … Gib doch zu, du kennst Los Angeles gar nicht!“ Und obwohl die Erzählung Richards in Hollywood spielt, sind ihre Protagonisten keine erfolgreichen Stars, die den amerikanischen Traum in der Filmindustrie leben, sondern gesellschaftliche Außenseiter. Leo, obdachlos und alkoholabhängig, hat just an diesem Morgen beschlossen, dass er noch mal neu anfangen will und am Ende des Jahres kein Wrack mehr sein will. Rita Luna ist rein äußerlich das genaue Gegenteil von Leo. Sie ist schön, eine junge Frau, die sowohl bei Männern, als auch bei Frauen beliebt ist, aber als Stripperin arbeiten muss. Zwei Menschen am Rande der Gesellschaft. Ihre Situation wird durch den Fehler des Todes, der mit seiner Sichel Leo verfehlt, nicht einfacher. Rita will das nicht akzeptieren, also müssen beide ihre Geschichten erzählen, damit der Tod eine Entscheidung fällen kann. In Sunrise zeigen sich kulturelle Vorstellungen vom Tod, Schicksal und Zufall, die hier reflektiert und auch hinterfragt werden. Rita erwartet eine Liste, auf der sie steht, um ihren Tod zu akzeptieren. Der namenlose Ich-Erzähler will keinen einfachen Tod, viel mehr wünscht er sich einen opferungsvollen Heldentod, der dem Ganzen einen tieferen Sinn verleiht. Auch der Tod selbst, der hier als dünne Person auftritt, ist alles andere als übermächtig. Er hat einen schlechten Tag, ist nicht gut in Form und verfehlt sein Ziel. Ein fester Plan, an dem er sich orientiert, scheint ebenso nicht vorhanden zu sein. Von einemAuftraggeber, der ihm sagt, wann wer an der Reihe ist, fehlt jede Spur. „Aber konstruktiv, nein, also ehrlich, konstruktiv ist der Tod gewiß nicht. Kann der überhaupt etwas machen? Fragen über Fragen, mein lieber Freund. Aber ich verstehe, was du meinst. Was wird er schon machen? Ich sage es dir: Der Tod hört sich das Argumentieren der beiden an, und es ist ihm gleichgültig. Nicht daß es ihm wurscht war, wie man bei euch sagt ein wirklich idiotisches Wort für egal –, es war ihm gleichgültig. Verstehst du? Beide Argumente, die von Leo Pomerantz und die von Rita Luna, galten ihm gleich viel.“ Ein anderes Thema von Sunrise ist das Erzählen selber, also eine Art Metareflexion, die durchaus ironisch gestaltet ist. Ohne es zu merken, lenkt der Ich-Erzähler durch seine Zwischenfragen und Anmerkungen Richards Geschichte in eine Richtung. Beide äußern Ideen und Gedanken, wie denn eine gute und „richtige“ Erzählsituation aussieht und was eine gute Erzählung eigentlich ausmacht. Trotz der eigentlich durchaus ernsten Themen wie Tod, Schicksal, Sinn des Lebens und Zufälle, die das Leben bestimmen, ist Sunrise ein amüsantes Buch. Gerade nach den Auflösungen am Ende erscheint manches zuvor Gesagte in einem neuen Licht. Der Tonfall der Figuren ist dabei häufig ironisch. Mit seinen knapp 95 Seiten ist Sunrise ein dünnes Buch, das aber nichtsdestotrotz tiefgehende Fragen und Gedanken aufwirft. Gerade durch die ironische Wahl des Settings und den Ton der Figuren ist das Lesen absolut kurzweilig und amüsant, aber gleichzeitig auch spannend. Richard macht den Leser ebenso zum Zuhörer wie den eigentlichen Erzähler. Eine mehr als lesenswerte Novelle. QUELLE: https://letusreadsomebooks.com/2017/06/21/michael-koehlmeier-sunrise/; (abgerufen am 24.11.2020, in Originalschreibung) 78 80 82 84 86 88 90 92 94 96 98 100 102 104 106 108 110 112 134 5 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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