global 7. Geographie und Wirtschaftskunde, Schulbuch

64 Kompetenzorientiertes Lernziel Lebensqualität in Österreich diskutieren Lebensqualität in Österreich: Stagnation auf Weltklasseniveau Die Lebensqualität und der Wohlstand sind Österreich im internationalen Vergleich auf einem absoluten Spitzenniveau – es gibt kaum ein Land in Europa, wo es den Menschen besser geht als hierzulande. Allerdings war die Entwicklung in den vergangenen ein, zwei Jahren hinsichtlich der verfügbaren Einkommen und der Wirtschaftsleistung weniger erfreulich. Das ist zusammengefasst das wichtigste Ergebnis einer am Donnerstag vorgestellten Analyse der Statistik Austria unter dem Titel und zu der Frage „Wie geht es Österreich?“. Seit 2012 veröffentlicht die Statistik Austria regelmäßig einen umfassenden Bericht über das Befinden der Österreicher. Anstatt einfach nur auf die Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes abzustellen, sehen sich die Statistiker insgesamt 30, wie sie es nennen, „Schlüsselindikatoren“ an. Die Bandbreite reicht dabei vom Konsumverhalten über die Einkommen bis hin zu Energieverbrauch und Kriminalitätsrate. Neben harten Daten, etwa zur Lohnentwicklung, baut die Analyse auch auf der Befragung von 6 000 Haushalten auf. Hohe Zufriedenheit Zunächst zum erfreulichen Teil der Ergebnisse: Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf ist in Österreich das zweithöchste in der EU, auf Platz eins liegt Luxemburg. Hinter Österreich finden sich Irland (knapp) und schon deutlich abgeschlagen die Niederlande. Was die Haushaltseinkommen pro Kopf betrifft, wird Österreich in der Union ebenfalls nur von einem einzigen Land geschlagen, nämlich von Deutschland. Deutlich besser als im EU-Schnitt schneidet die Republik auch bei der Zahl der Menschen ab, die von Armut gefährdet sind. Diese guten Werte spiegeln sich auch in der Lebenszufriedenheit wider. Egal, wie oft es heißt, die Menschen würden nur raunzen: Auf einer Skala von 0–10, wobei zehn für die höchste Lebenszufriedenheit steht, bewerten die Bürger im Schnitt ihr Leben mit 7,8. Dieser Wert ist seit Jahren konstant und wird nur in den skandinavischen Ländern mit Werten um 8 übertroffen. Kehrseite der Medaille Die Kehrseite der Medaille ist, dass die Tendenz bei vielen Indikatoren negativ ist. „Bei der Dynamik haben wir ein Problem“, sagt Statistik-Austria-Chef Konrad Pesendorfer. So sind die Haushaltseinkommen pro Kopf gerechnet seit 2012 rückläufig. Die Entwicklung der Einkommen verläuft sogar aus Sicht der Bevölkerung schlechter als im EUSchnitt. Die Entwicklung der verfügbaren Einkommen bleibt über 20 Jahre verglichen hinter dem Niveau des Wirtschaftswachstums zurück, steigende Wirtschaftsleistung schlug sich, kurzfristige Schwankungen ausgeblendet, also immer weniger im Wohlstand der Menschen nieder. Was bei der Bevölkerung fehlt, landet auch nicht beim Sektor Staat, der selbst ein Budgetdefizit erwirtschaftet. Wohin das Geld also fließt? Laut volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung waren es die Unternehmensumsätze und Gewinne, die in den vergangenen Jahren spürbar gestiegen sind, wie Pesendorfer sagt. Der Statistik-Austria-Chef will das nicht als generelle Kritik verstanden wissen, „es gibt nichts dagegen auszusetzen, wenn Unternehmen Gewinne erwirtschaften, das ist gut so“. Allerdings gebe es ein Problem, weil die höheren Profite der Firmen sich nicht auch in deutlich steigenden Arbeitseinkommen niederschlagen. „Es hat in den vergangenen Jahren eine sehr starke Lohnzurückhaltung gegeben“, so Pesendorfer. Die Antwort auf dieses Problem müsse primär nicht die Politik liefern, das sei Agenda der Sozialpartner. Anhand den Daten der Statistik Austria zeigt sich übrigens auch die Kluft zwischen der Lebensqualität, die als hoch empfunden wird, und der Einschätzung der Leistung der Politik: Mit dem politischen System sind die Menschen nämlich alles andere als zufrieden, das Vertrauen liegt hier auf der Skala zwischen 0–10 nur bei mageren 4,4 Punkten. Österreich mischt Beton an Ins Wackeln gerät angesichts der Statistik das Selbstbild des Umweltmusterlandes. Beim Anteil der erneuerbaren Energieträger liegt Österreich zwar hinter Schweden, Lettland und Finnland an der vierten Stelle, doch beim Energieverbrauch ist es sogar der dritte Platz hinter Finnland und dem Spitzenreiter Luxemburg. Dies ist nur zum Teil mit dem rauen Alpenklima zu erklären, weisen doch die Daten einen anderen Treiber aus: Der verkehrsbedingte Energieverbrauch stieg seit 1995 um 51,3 Prozent, der EU-Schnitt beträgt nur 13,6 Prozent. Gründe sind Tanktourismus und Transit, aber auch die hohe Transportleistung des Lkw-Verkehrs. Weitere zweifelhafte Leistung: Der Flächenverbau stieg seit 2001 um 22 Prozent, während die Bevölkerung nur um 6,1 Prozent wuchs. In Österreich, Nation der Einfamilienhäuser, sei zuletzt pro Kopf die 2,5-fache Fläche wie in Deutschland verbaut worden, sagt Pesendorfer: „Wir pflastern täglich 27 Fußballfelder zu.“ (http://derstandard.at/2000025135763/Lebensqualitaet-inOesterreich-Stagnation-auf-Weltklasseniveau, András Szigetvari, Gerald John, 5. 11. 2015, abgerufen am 24. 4. 2017) M1 Im Europavergleich ist Österreich vielfach top. Trotzdem warnen Statistiker vor einem Abfall. Lebensqualität in Österreich Nur zu Prüfzwecken – Eigent m des Verlags öbv

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