global 8. Geographie und Wirtschaftskunde, Schülerbuch

22 Fallbeispiel Künstliche Intelligenzen Künstliche Intelligenzen Wer in letzter Zeit in einer Apotheke ein Medikament bestellt hat, war vielleicht überrascht, wie das Medikament zur Kundin bzw. zum Kunden kommt: Ein paar kurze Tipper auf einem Display und ein paar Sekunden später rutscht das Medikament durch eine Öffnung in der Wand. Wer hat es so schnell aus dem Lager geholt? Natürlich ist dafür ein Logistikroboter zuständig, der im Hintergrund das Lager befüllt und entleert (M1). In Kombination mit einer modernen Logistiksoftware muss sich so kein Mensch mehr um den Lagerbestand kümmern. Eine große Hilfe für die Apothekerinnen und Apotheker und die Kundinnen und Kunden. Dabei ist das nur ein weiterer Schritt auf einem Weg der Automatisierungstechnologie, der mit der ersten Dampfmaschine begann. Während der Industriellen Revolution (ab 1750) wurde Muskelkraft durch Maschinen ersetzt. Heute befinden wir uns am Sprung, auch die intellektuellen Leistungen von Maschinen übernehmen zu lassen. Zwar ist eine wirkliche künstliche Intelligenz noch nicht entwickelt, aber viele Entwicklungen unterstützen die Menschen bereits heute bei ihren alltäglichen Aufgaben. Smartphones, die sprachgesteuert Termine eintragen, Nachrichten vorlesen, eine Pizza bestellen oder uns automatisch früher wecken, um den Stau am Arbeitsweg auszugleichen, muten zwar intelligent an, sind bisher aber nur von geschickt ausgeklügelten Algorithmen gesteuert. Erst seit Kurzem sind Computer so leistungsfähig, dass man in der Entwicklung künstlicher Intelligenzen neue Wege beschreiten kann. Während man früher versucht hat, Computer durch immer feiner ausgeklügelte Programmierung intelligent zu machen, setzt man heute auf Künstliche Neuronale Netzwerke (KNN), die ähnlich einem menschlichen Gehirn nicht mehr programmiert, sondern trainiert werden. Diese Netzwerke lernen also – so wie Kinder lernen – selbstständig immer weiter und haben das Potenzial, ihre Schöpferinnen und Schöpfer nach nur kurzer Zeit zu überflügeln. Dabei machen die KNN besonders im Bereich der kognitiven Intelligenz (Wissen) schnelle Fortschritte. Bei der sensomotorischen Intelligenz (Sinneseindrücke) sind sie zwar in der Ausstattung der einzelnen Sensoren (Kameras, Mikrophone, …) den Menschen überlegen, können die Eindrücke aber (noch) nicht kombinieren. Im Bereich der emotionalen (Gefühle) und der sozialen Intelligenz (Teamwork) sind die Leistungen von KNN nur mangelhaft ausgeprägt. Werte, Moral, Gefahren Trotzdem sind die Fortschritte der Technologisierung enorm, und die gesellschaftlichen Auswirkungen müssen frühzeitig bedacht werden. Während die Arbeitsmärkte in der Vergangenheit beispielsweise viele Jahre Zeit hatten, um auf technologische Entwicklungen zu reagieren, ist dafür bei der aktuellen Entwicklungstendenz kaum noch Zeit. Das Mooresche Gesetz besagt, dass sich die Komplexität integrierter Schaltkreise (IC) innerhalb von 12–24 Monaten verdoppelt. Da quasi die gesamte digitale Technologie auf ICs aufbaut, ist das Entwicklungspotenzial enorm. Die gesellschaftlichen Strukturen und auch der Aufbau und die Inhalte der Bildungsinstitutionen haben dadurch fast keine Zeit, auf die Entwicklungen zu reagieren. Smartphones haben beispielsweise innerhalb einer Dekade – die Einführung des ersten iPhones war im Jahr 2007 – die Gesellschaft nachhaltig verändert. Zweifelsohne wird sich die technologische Entwicklung auch weiterhin auf die Arbeitsplatzverfügbarkeit auswirken. Besonders einfache und stark repetitive Arbeiten werden leicht durch Maschinen ersetzt werden können. Menschen werden daher künftig besonders für qualifiziertere Berufssparten ausgebildet werden müssen. Für einfache oder mittlere Arbeiten werden sie nicht mehr in dem Ausmaß, wie dies heute oder in der Vergangenheit nötig war, gebraucht werden. Ein kleines Beispiel: Eine Auto-Heckklappe bestand vor einigen Jahren aus etwas Metall, einer Glasscheibe und ein wenig Elektronik. Zur Montage am Fließband war eine menschliche Arbeitskraft eingeteilt. Moderne Heckklappen bestehen hingegen aus tausenden Einzelteilen (Sensoren, Aktoren, …), die von einem Roboter zusammengebaut werden. Dieser Roboter wird aber von einem Menschen unterstützt und überwacht. Durch die steigende Komplexität ist der Arbeitsplatz also erhalten geblieben, auch wenn er sich verändert hat. Ein weiteres Beispiel: In einigen Ländern werden auf Grund des herrschenden Arbeitskräftemangels in der Pflege bereits Roboter eingesetzt, die neben Essen oder Medikamente verteilen auch direkt mit Patientinnen und Patienten oder Pflegebedürftigen in Kontakt treten. Um für künftige Entwicklungen (auch im Sinne der künstlichen Intelligenz) gewappnet zu sein, sollten wir uns (besonders im Bildungssystem) auf unsere menschlichen Fähigkeiten wie Kreativität, Neugierde und Innovationsgabe konzentrieren. M1 Kommissionierroboter einer Apotheke in Frankreich bei der Entnahme von Arzneimittelpackungen aus dem Lagerregal (Foto 2018) Kompetenzorientiertes Lernziel globalen Wandel und seine ökonomischen, sozialen und ökologischen Ursachen und Wirkungen – auch hinsichtlich der eigenen Lebenssituation – erörtern Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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