querdenken 3 - Geschichte und politische Bildung, Schulbuch

161 Gewalt, Gefühle und Einstellungen Schulentwicklung in der Habsburgermonarchie Der Staat sah zwar vor, dass alle Bürgerinnen und Bürger grundlegende Kenntnisse im Lesen, Schreiben und Rechnen erwarben, doch mittlere und höhere Bildung für die breite Masse sah man als nicht durchführbar an. An den Universitäten sollten vor allem künftige Staatsdiener studieren. In der Ära Metternich wurden das Schulsystem streng vom Staat überwacht und den Lehrkräften genau vorgeschrieben, was sie zu unterrichten hatten. Es war ihnen nicht erlaubt, auch nur im kleinsten Detail vom Text der Lehrbücher abzuweichen, etwas hinzuzufügen oder wegzulassen. Die meisten Lehrkräfte lasen daher den Text der Schulbücher vor, der bis 1824 in lateinischer Sprache verfasst war. Bei Prüfungen mussten diese Texte wiedergegeben werden. Viele Lehrkräfte disziplinierten Schülerinnen und Schüler gewaltsam, beispielsweise mit einem Rohrstock, der auf das Gesäß oder auf die Hände geschlagen wurde, oder mit Ohrfeigen. Eine Schülerin erinnerte sich wie folgt: ››Im 19. Jh. besuchte in der Habsburgermonarchie weniger als ein Prozent der Bevölkerung ein Gymnasium. Der Großteil besuchte nur sechs Jahre die Schule. ››Die körperliche Züchtigung an Schulen wurde in Österreich 1974 durch das Schulunterrichtsgesetz verboten. Seit 1989 gilt in Österreich ein absolutes Gewaltverbot in der Erziehung. Eltern haben für das Wohl ihrer Kinder zu sorgen und müssen sich um Fürsorge, Geborgenheit und sorgfältige Erziehung kümmern. ››Die Entstehung der Enzyklopädie und damit die Verbreitung des Wissens wurden vom Staat und der Kirche kritisch betrachtet. Die Bücher trugen zur Weiterentwicklung der Aufklärung bei. Medaille des Nobelpreises, Foto, um 1863 Es gab soziale Unterschiede. Das äußerte sich allein darin, dass einem besser situierten Kind weniger auf die Finger geklopft wurde als den schlecht angezogenen, oft sprachlich weniger gewandten Kindern. Cervenka, „In der Schule saß ich bei den Kindern, die barfuß kamen“, S. 146 (bearbeitet) A6 • Vergleiche den beschriebenen Unterricht mit deinem heutigen Schulalltag. • Nimm zur körperlichen Züchtigung in der Schule kritisch Stellung. (PUK) Entwicklung der Wissenschaft Die Aufklärung hatte dazu geführt, dass sich die Wissenschaften weiterentwickelten. Die wissenschaftlichen Arbeitsmethoden veränderten sich entscheidend: Die Erfahrung wurde zur Grundlage von allen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Außerdem wurden immer mehr Spezialdisziplinen eingeführt. Zwischen 1751 und 1780 wurde eine Enzyklopädie in 35 Bänden herausgegeben, die eines der Hauptwerke der Aufklärung ist. In mehr als 70.000 Artikeln wurde das Wissen der Zeit zusammengefasst und öffentlich zugänglich gemacht. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse waren für die Weiterentwicklung der Gesellschaft von großer Bedeutung und veränderten vielfach das Leben der Menschen. Werner von Siemens entdeckte beispielsweise das dynamo-­ elektrische Prinzip und baute 1866 den ersten Generator. 1879 erfand Thomas Alva Edison die Glühlampe. Alexander Graham Bell und Thomas A. Watson entwickelten das Telefon. Einige bahnbrechende Erkenntnisse sind bis heute gültig. Beispielsweise entwickelte Charles Darwin die Theorie von der „Entstehung der Arten“ (Evolutionstheorie), Karl Landsteiner entdeckte die Blutgruppen und Sigmund Freud schuf die Grundlagen der Psychoanalyse. Seit 1901 wird für herausragende wissenschaftliche Leistungen der Nobelpreis verliehen. Dieser wurde vom schwedischen Erfinder und Industriellen Alfred Nobel gestiftet. Bis 2020 wurden 876 Nobelpreise in den von Nobel festgelegten fünf Kategorien vergeben. Davon gingen 792 an Männer, 56 an Frauen und 28 an Organisationen. A7 • Nimm dazu Stellung, dass bislang über 14-mal mehr Männer als Frauen den Nobelpreis erhielten. • Diskutiert in der Klasse über die Bedeutung von Bildung und Wissenschaft für euer Leben. (PUK) T1 Nur zu Prüfzwecken – Eig ntum des Verlags öbv

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