querdenken 3 - Geschichte und politische Bildung, Schulbuch

querdenken 3 Geschichte und Politische Bildung Aktualisiert! Auch mit E-Book+ erhältlich

1. Auflage (Druck 0001) © Österreichischer Bundesverlag Schulbuch GmbH & Co. KG, Wien 2023 www.oebv.at Alle Rechte vorbehalten. Jede Art der Vervielfältigung, auch auszugsweise, gesetzlich verboten. Redaktion: Carina Müller, MA, Wien; Mag. Eva Hembach, Wien Herstellung: MMag. Andrea Maria Fellner, Wien Umschlaggestaltung und Layout: Jens-Peter Becker, normaldesign GbR, Schwäbisch Gmünd Satz: Grasl Druck & Neue Medien GmbH, Bad Vöslau Druck: Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H., Horn ISBN 978-3-209-11756-4 (querdenken SB 3 + E-Book) ISBN 978-3-209-11762-5 (querdenken SB 3 mit E-Book+) ISBN 978-3-209-13374-8 (querdenken SB 3 E-Book Solo) ISBN 978-3-209-13376-2 (querdenken SB 3 E-Book+ Solo) querdenken – Geschichte und Politische Bildung 3, Schulbuch und E-Book Schulbuchnummer: 185730 querdenken – Geschichte und Politische Bildung 3, Schulbuch mit E-Book+ Schulbuchnummer: 195138 querdenken – Geschichte und Politische Bildung 3, Schülerbuch E-Book Solo Schulbuchnummer: 208009 querdenken – Geschichte und Politische Bildung 3, Schülerbuch E-Book+ Solo Schulbuchnummer: 208010 Mit Bescheid des Bundesministeriums für Bildung und Frauen vom 15. März 2018, GZ BMB-5.018/0033-IT/3/2017, gemäß § 14 Absatz 2 und 5 des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/86, und gemäß den derzeit geltenden Lehrplänen als für den Unterrichtsgebrauch an Neuen Mittelschulen und allgemein bildenden höheren Schulen - Unterstufe für die 3. Klasse im Unterrichtsgegenstand Geschichte und Sozialkunde/Politische Bildung geeignet erklärt. Mit Bescheid vom 19. September 2022, GZ 2022-0.406.047 teilt das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung mit, dass gegen die aktualisierte Fassungs des Werkes querdenken – Geschichte und Politische Bildung 3, Schulbuch und E-Book, BNR 185730, kein Einwand besteht. Mit Bescheid des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung vom 27. Mai 2020, GZ BMBWF- 5.018/0066Präs/14/2018, gemäß § 14 Absatz 2 und 5 des Schulunterrichtsgesetzes, BGBl. Nr. 472/86, und gemäß den derzeit geltenden Lehrplänen als für den Unterrichtsgebrauch für die 3. Klasse an Mittelschulen und für die 3. Klasse an allgemein bildenden höheren Schulen – Unterstufe im Unterrichtsgegenstand Geschichte und Sozialkunde/Politische Bildung (Lehrplan 2016) geeignet erklärt. Mit Bescheid vom 19. September 2022, GZ 2022-0.406.032 teilt das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung mit, dass gegen die aktualisierte Fassungs des Werkes querdenken – Geschichte und Politische Bildung 3, Schulbuch mit E-Book+, BNR 195138, kein Einwand besteht. Dieses Werk wurde auf der Grundlage eines zielorientierten Lehrplans verfasst. Konkretisierung, Gewichtung und Umsetzung der Inhalte erfolgen durch die Lehrerinnen und Lehrer. Liebe Schülerin, lieber Schüler, du bekommst dieses Schulbuch von der Republik Österreich für deine Ausbildung. Bücher helfen nicht nur beim Lernen, sondern sind auch Freunde fürs Leben. Kopierverbot Wir weisen darauf hin, dass das Kopieren zum Schulgebrauch aus diesem Buch verboten ist – § 42 Abs. 6 Urheberrechtsgesetz: „Die Befugnis zur Vervielfältigung zum eigenen Schulgebrauch gilt nicht für Werke, die ihrer Beschaffenheit und Bezeichnung nach zum Schul- oder Unterrichtsgebrauch bestimmt sind.“ Umschlagbilder: U1.1: Ground Picture / Shutterstock; U1.2: Martin van Meytens / Imagno / picturedesk.com; U1.3: Lightroom / TopFoto / picturedesk.com; Illustrationen: Wolfgang Schaar, Grafing; SCHWUPP, Atelier für Malerei und Illustration, Hausbrunn Kartographie: Freytag-Berndt & Artaria, Wien Bildrechte: © Bildrecht GmbH, Wien 2023 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

www.oebv.at querdenken 3 Andrea Brait Cornelia Sommer-Hubatschke Geschichte und Politische Bildung Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

2 Inhaltsverzeichnis Identitäten So arbeitest du mit „querdenken – Geschichte und Politik“ 4 Geschichte und Sozialkunde/Politische Bildung 6 Begegnungen zwischen dem Eigenen und dem Fremden 7 Europa am Beginn der Neuzeit • Neues Weltbild der Neuzeit | extra 8 Humanismus und Renaissance • Leonardo da Vinci | extra 10 Erfindungen • Technischer Fortschritt | extra 12 Zeitalter der Entdeckungen • Wichtige Seefahrermächte | extra 14 Entdeckung und Eroberung • Folgen der Entdeckungen 16 Kulturkontakte 18 Kolonialismus • Imperialismus 20 Rassismus • Alltagsrassismus | extra 22 Übungsteil 24 Portfolio 28 Verschiedene Aspekte der neuzeitlichen Kulturen 29 Reformation 30 Gegenreformation 32 Magie und Hexerei • Die Folter macht die Hexe | extra 34 Absolutismus 36 Barock • Mode und Kunst des Barock | extra 38 Frühkapitalismus und Merkantilismus 40 Geschichtskultur 42 Übungsteil 44 Portfolio 48 Revolutionen, Widerstand, Reformen 49 Die Aufklärung – Zeitalter der Vernunft 50 Zwischen Absolutismus und Aufklärung | extra • Aufgeklärter Absolutismus 52 Widerstand oder Reformen • „Revolution“ – nicht nur ein politischer Begriff | extra 54 Revolution in Frankreich • Sturz des alten Regimes – Terrorherrschaft 56 Revolutionen 1848 • Umbrüche im Russischen Reich 1917 58 Ideen der Aufklärung in Verfassungen • Auswirkungen der Aufklärung bis heute 60 Übungsteil 62 Portfolio 66 Identitäten 67 Identitäten 68 Nationale Identität 70 Nationalismus • Vielfältige Nation – Volksgruppen | extra 72 Europäische Identität 74 Übungsteil 76 Portfolio 78 Begegnungen zwischen dem Eigenen und dem Fremden Verschiedene Aspekte der neuzeitlichen Kulturen Revolutionen, Widerstand, Reformen Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

3 Internationale Ordnungen und Konflikte im Wandel Gewalt, Gefühle und Einstellungen im gesellschaftlichen Kontext Migration vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart Wahlen und Wählen Diversität: Geschlecht – Ethnie – Klasse 79 Soziale Differenzierung 80 Zwei Vielvölkerstaaten im Vergleich 82 Industrielle Revolution | extra • Die Industrialisierung verändert das Leben 84 Gründerzeit • Wien um 1900 | extra 86 Politische Strömungen im 19. Jh. 88 Übungsteil 90 Portfolio 94 Internationale Ordnungen und Konflikte im Wandel 95 Bauernkriege • Bauernbefreiung 96 Der Dreißigjährige Krieg | extra 98 Napoleonische Kriege • Wiener Kongress 100 Konflikte im 19. Jh. | extra • Konflikte auf dem Balkan 102 Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts 104 Kriegspropaganda • Ein Volkskrieg 106 Kriegsalltag • Bilanz des Krieges 108 Friedensverträge von 1919/20 • Krieg und Frieden 110 Humanitäres Völkerrecht • Friedenssicherung 112 Übungsteil 114 Portfolio 120 Wahlen und Wählen 121 Entstehung von Parteien im 19. Jh. | extra 122 Parteienlandschaft in Österreich 124 Die Entwicklung des Wahlrechts | extra 126 Grundprinzipien des Wahlrechts 128 Wahlen in den Medien 130 Wahlen und Jugend • So funktioniert Wählen 132 Übungsteil 134 Portfolio 138 Migration vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart 139 Migration • Migration am Beispiel Österreich-Ungarn 140 Österreich – ein Einwanderungsland? 142 Einwanderung nach Österreich heute 144 Migration im 21. Jahrhundert 146 Einwanderung in die USA | extra 148 Übungsteil 150 Portfolio 154 Gewalt, Gefühle und Einstellungen im gesellschaftlichen Kontext 155 Individuum • Umgang mit Krankheit in der Neuzeit 156 Liebe und Ehe in der Neuzeit • Emanzipation von Frauen | extra 158 Bildung und Wissenschaft 160 Rechtsverständnis • Rechtsstaat 162 Übungsteil 164 Portfolio 166 Methoden und Techniken 167 Quellen-, Literatur- und Bildquellenverzeichnis 175 Diversität: Geschlecht – Ethnie – Klasse Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

4 So arbeitest du mit „querdenken – Geschichte und Politik“ Dieses Schulbuch ist in neun Großkapitel (Module) gegliedert. Zur besseren Unterscheidbarkeit ist jedes Modul in einer anderen Farbe gehalten. Ein Modul besteht aus einer Auftaktseite, einem Inputteil, einem Übungsteil und einer Portfolioseite. Modulauftaktseite Die Einstiegsseite informiert über die im Modul behandelten Basiskonzepte und beschreibt Inhalte und Ziele des jeweiligen Moduls. Neben der Modulüberschrift findest du einen Verweis auf einen Online-Code mit weiterführenden Informationen. Um dorthin zu gelangen, gib den Code einfach in das Suchfeld auf www.oebv.at ein. In der Zeitleiste kannst du wichtige Ereignisse und Jahreszahlen nachlesen, die im Modul behandelt werden. Zeitleiste 7 Begegnungen zwischen dem Eigenen und dem Fremden Basiskonzepte: Lebens- und Naturraum | Zeiteinteilung Zu Beginn der Neuzeit begannen die Menschen Neues zu entdecken und zu erfinden. Dabei lernten sie ihnen bislang unbekannte Gebiete der Erde kennen und kamen in Kontakt mit fremden Kulturen. In diesem Modul beschäftigst du dich mit den Ursachen von europäischen Entdeckungs- und Eroberungsfahrten am Beginn der Neuzeit. Du lernst die Begriffe „Kolonialismus“ und „Imperialismus“ kennen und befasst dich mit den Auswirkungen des sogenannten Kolonialzeitalters auf die Gegenwart. Weitere Inhalte dieses Moduls sind die Analyse von Kulturkontakten und das Erkennen von Rassismus. Du übst Fragen an die Vergangenheit und an historische Quellen zu stellen. Schriftliche und bildliche Quellen werden von dir beschrieben, analysiert und interpretiert. Deine Ergebnisse sind die Grundlage dafür, dass du eigene historische Erzählungen erstellst. 52w3rp Heinrich der Seefahrer 1394–1460 Renaissance 14.–16. Jh. Buchdruck mit beweglichen Lettern um 1450 Christoph Kolumbus 1451–1506 Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen 1453 Bartolomeu Diaz gelangt an die Südspitze Afrikas 1488 Christoph Kolumbus landet auf der Insel San Salvador (Bahamas) 1492 Vertrag von Tordesillas 1494 Vasco da Gama legt den Seeweg nach Indien zurück 1498 Hernán Cortés erreicht die Hauptstadt des Aztekenreiches 1519 erste Weltumsegelung (Fernando Magellan) 1519–1522 Berliner Konferenz 1884/85 Boxeraufstand (China) 1899–1901 Völkermord an den Herero und Nama in Afrika 1904–1908 Aztekische Federkrone, Weltmuseum Wien, Foto, 2012 Bei der Federkrone handelt es sich vermutlich um den Kopfschmuck eines Priesters. Im Zuge der Entdeckung und Eroberung Mittelamerikas dürfte er in europäischen Besitz gekommen sein. Möglicherweise war die Federkrone eines der Gastgeschenke Montezumas, des vorletzten Herrschers der Azteken, an den spanischen Eroberer Hernán Cortés. Basiskonzepte Modulziele Online-Code Modultitel Inputseiten Diese Seiten geben dir einen Überblick über wichtige Inhalte im Modul. Manche dieser Seiten sind mit dem Wort „extra“ gekennzeichnet. Sie bieten vertiefende Informationen zum jeweiligen Kapitel. In den blauen Kästchen findest du Arbeitsaufträge, um bestimmte Fähigkeiten und Fertigkeiten (Kompetenzen) zu trainieren. Die Abkürzungen der jeweiligen Kompetenzen sind immer angegeben. Wenn du mit einer Methode (M) oder Technik (T) arbeiten sollst, wird das ausgewiesen. Auf manchen Seiten gibt es eine Infobox mit den Basiskonzepten, die dir helfen, historische und politische Zusammenhänge zu verstehen und einzuordnen. Die Informationsspalten am Rand enthalten Begriffserklärungen und bieten zusätzliche interessante Informationen. Hinzu kommen Seitenverweise zu den passenden Übungen im Übungsteil sowie auf verwandte Themen innerhalb des Buches und Online-Codes. extra-Seite Modulkurzbezeichnung Inputtext Arbeitsaufträge mit hervorgehobenen Operatoren Kompetenz Verweis auf Methode oder Technik Basiskonzept Informationsspalte Lexikon Zusatzinformation Seitenverweis Quellentext 85 84 Diversität Diversität Industrielle Revolution | extra Der Beginn des Industriezeitalters Fortschritte in Medizin bzw. Hygiene und Verbesserungen in der Landwirtschaft (z. B. Düngemittel) führten im 18. Jh. zu einem starken Bevölkerungsanstieg. Dadurch stieg auch der Bedarf an zahlreichen Produkten. Um die gesteigerte Nachfrage decken zu können, wurden Maschinen entwickelt. 1764 erfand der Engländer James Hargreaves eine Spinnmaschine („Spinning Jenny“) mit bis zu 100 Spindeln nebeneinander. In großen Räumen wurden mehrere dieser Maschinen nebeneinander aufgestellt. Die ersten Fabriken waren entstanden. Zunächst wurden die Spinnmaschinen mit der Hand betrieben, später mit Wasserkraft. Die Fabriken mussten an Flüssen gebaut werden, und die Maschinen standen bei Frost oder Hochwasser still. Anfang des 18. Jh. erfand Thomas Newcomen eine der ersten Dampfmaschinen. James Watt entwickelte die durch Kohle angetriebenen Maschinen weiter. Der Antrieb der Spinnmaschinen war dadurch nicht mehr vom Wetter abhängig. Neue Möglichkeiten der Fortbewegung Eine wichtige Voraussetzung für die Industrialisierung war der Ausbau der Verkehrswege (Straßen, Kanäle, Eisenbahnlinien). Dafür war die Erfindung von George Stephenson sehr wichtig. Die von ihm 1829 entwickelte Lokomotive „Rocket“ konnte das Fünffache ihres eigenen Gewichts ziehen und erreichte Geschwindigkeiten von bis zu 40 km/h. Heute erreichen Hochgeschwindigkeitszüge über 250 km/h. Anfangs stand man den neuen Fortbewegungsmitteln noch misstrauisch gegenüber, bald jedoch nützte man sie zur Personenbeförderung oder für den Handel. Größere Warenmengen konnten in kürzerer Zeit als bisher transportiert werden. Das Schienennetz wurde ausgebaut. Umfasste es 1830 weltweit erst 332 Bahnkilometer, waren es vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges bereits über eine Million Bahnkilometer. Man wagte auch neue technische Herausforderungen. Der Österreicher Karl Ritter von Ghega baute beispielsweise über den Semmering die erste Gebirgsbahn der Welt. Ab 1800 wurden auch Dampfschiffe eingesetzt. Der österreichische Ingenieur Joseph Ressl entwarf 1829 die erste Schiffsschraube, die Schiffe auch bei unruhigem Seegang gleichmäßig antreiben konnte. 1852 wurde das erste von einer Dampfmaschine angetriebene Luftschiff entwickelt. P Industrielle Revolution: bezeichnet den Übergang von der Landwirtschafts- zur Industriegesellschaft im 18. Jh.; begann in Großbritannien; veränderte Lebens- und Arbeitswelt grundlegend; gilt neben der Neolithischen Revolution (Sesshaftwerdung in der Jungsteinzeit) als bedeutendster Schritt in der Entwicklung der Menschheit Dampfmaschine von James Watt, 1788, Victoria and Albert Museum (London, England) Von Stephenson konstruierte Lokomotive „Rocket“, nach Zeichnung von Prof. Beik, nachkoloriert, 1829 Lenkbares Luftschiff von Ernest Pétin, Holzstich, nachkoloriert, 1876 O S. 91, Ü3 Bau der Semmeringbahn, Lithografie, 1850, Technisches Museum (Wien) A6 • Erkläre die Funktionsweise von einer auf dieser Seite genannten Erfindung. Recherchiere dazu im Internet, in Sachbüchern oder Lexika. • Stelle den Einfluss dieser Neuerung auf das Leben der Menschen damals sowie für uns heute dar. (HMK, HOK) T2 Die Industrialisierung verändert das Leben Veränderung der Produktionsvorgänge Die Industrialisierung änderte die Arbeitsvorgänge bei der Herstellung von Waren. Der Einsatz von Maschinen erleichterte die Arbeit. Die Produktion konnte erhöht werden und die Waren wurden dadurch billiger. Die Arbeitsteilung in den Fabriken wurde in noch kleinere Produktionsschritte unterteilt als in Manufakturen. Die Arbeiterinnen und Arbeiter waren nur mehr ein kleiner Teil innerhalb des Herstellungsprozesses. Vom Land in die Stadt Am Ende des 18. Jh. lebten in Mitteleuropa ca. 80 Prozent der Menschen auf dem Land. Im Zuge der Industrialisierung zogen viele Menschen in der Hoffnung auf mehr Arbeit vom Land in die Städte. Mit dem enormen Zustrom der Menschen in die Städte wuchs auch die Wohnungsnot. Die Mieten waren hoch, die Ausstattung der Wohnungen war jedoch sehr schlecht. Viele Menschen lebten auf engstem Raum, oft teilten sich mehrere ein Bett. Um zusätzliches Geld zu verdienen, vermieteten sie manchmal sogar ihre Betten tagsüber an sogenannte Bettgeher, die nachts arbeiteten. Arbeitsbedingungen Durch das Überangebot an Arbeitskräften konnten die Unternehmerinnen und Unternehmer die Löhne niedrig halten. Alle Familienmitglieder (auch Kinder) mussten hart arbeiten, um das Überleben der Familie zu sichern. Frauen mit kleinen Kindern mussten oft schlecht bezahlte Heimarbeit annehmen. Auch die Arbeitsbedingungen in den Fabriken waren meist sehr schlecht. Es gab keine Altersversorgung oder Unfallversicherung. Gearbeitet wurde an sieben Tagen die Woche, täglich bis zu 16 Stunden. Urlaub gab es keinen. › Mietshäuser waren oft feucht und wurden vom Keller bis unters Dach bewohnt. Jede Familie hatte durchschnittlich ein bis zwei Räume zur Verfügung (Küche, Schlafzimmer). Auf dem Gang befanden sich die Wasserhähne und die Toiletten für alle Personen eines Stockwerks. O Migration, S. 141 Wiener Mietshaus, Foto, 1870 › Viele Heimarbeiterinnen und Heimarbeiter verloren durch die Industrialisierung auch ihre Einnahmequelle. Anfertigung von Knallbonbons in Heimarbeit, Foto, 1910 O S. 92, Ü4 A7 • Schildere anhand der Quellen Lebens und Arbeitsbedingungen der Arbeiterinnen und Arbeiter zur Zeit der Industrialisierung. • Vergleiche die Arbeitszeiten damals mit jenen von heute. • Nimm zur Entwicklung der Arbeit im 19. Jh. Stellung. (HMK, HSK) In den Fabriken wird regelmäßig an allen Wochentagen, mit Ausnahme des 1. Mai gearbeitet. […] Der Fabriksleitung bleibt es vorbehalten, auch an Feiertagen arbeiten zu lassen. In diesem Falle wird den Arbeitern die zum Besuche des VormittagsGottesdienstes nötige Zeit eingeräumt. […] Die tägliche Arbeitszeit richtet sich nach der Jahreszeit, den Temperatur und Witterungsverhältnissen. Die Maximalarbeitszeit wird auf 11 Stunden innerhalb von 24 Stunden festgesetzt. Fabriksordnung der Wienerberger Ziegelfabriks- und Baugesellschaft 1896 BASISKONZEPT – ARBEIT Arbeit begleitet uns täglich. Sie dient uns Menschen zur Sicherung unserer Grundbedürfnisse, z.B. Wohnen und Nahrung. Zugleich bestimmt Arbeit auch unser soziales Zusammenleben und ist ein Dienst an der Gemeinschaft. Bereits in der Urgeschichte entwickelten sich Arbeitsteilung und Spezialisierung, um das gemeinsame Leben zu erleichtern. Darüber hinaus hat jede und jeder Einzelne durch Arbeit die Möglichkeit, sich persönlich weiterzuentwickeln. Verweis auf Übung Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

5 66 Portfolio Revolutionen Darstellung von Revolutionen • Fasse die schriftliche Darstellung des Zugs der Frauen nach Versailles zusammen. • Analysiere den Aufbau des Comics Schritt für Schritt. • Vergleiche die beiden Darstellungen. Ermittle mindestens eine Gemeinsamkeit und einen Unterschied. • Arbeite mögliche Erkenntnisse aus den beiden Darstellungen für uns heute heraus. • Verfasse einen Dialog von zwei Personen, die sich über Erkenntnisse unterhalten, die man aus den beiden Darstellungen zur Französischen Revolution für uns heute und unsere Zukunft gewinnen kann. Bald nach dem Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789 zeigte sich, dass dieser Aufstand nur ein vorübergehender Sieg der Volksmassen war. So weigerte sich der König zum Beispiel, die Menschenrechtserklärung und die in die Feudalrechte eingreifenden „August-Dekrete“ zu unterschreiben […] Die Brotpreise stiegen ins Unermessliche, es kam zu Ausschreitungen gegen Bäcker und Müller. Am Morgen des 5. Oktober versammelten sich sowohl Arbeiterinnen als auch Bürgersfrauen vor dem Rathaus und forderten Brot. Nachdem sich der amtierende Bürgermeister Bailly weigerte sie anzuhören, beschafften sich die aufgebrachten Frauen Waffen und zogen mit dem Gerichtsboten Maillard an der Spitze nach Versailles. Unterwegs schlossen sich ihnen, teils freiwillig, teils gewaltsam gezwungen, noch viele Mitstreiterinnen an, sodass die 8.000–10.000 Frauen vom Regen durchnässt und ausgehungert um 17 Uhr in Versailles ankamen […] [E]ine Abordnung von 12 Frauen [erhielt] nach einigem Hin und Her vom König eine Zusage für ausreichende Mehllieferungen sowie Festpreise dafür […] Die Pariser und Pariserinnen kehrten in einem ausgelassenen Triumphzug nach Paris zurück und die Frauen wurden später als „Heldinnen der Revolution“ gefeiert. Sturm, Zug der Frauen, 2004 Portfolio Am Ende jedes Moduls gibt es eine Seite zur selbstständigen Vertiefung – das „Portfolio“. Hier kannst du zeigen, dass du die Ziele des Moduls erreicht hast. Übungsseiten Die Übungsseiten findest du im Anschluss an den Inputteil. Neben den Kapitelüberschriften gibt es einen Seitenverweis, damit du weißt, worauf sich diese Übung bezieht. Online-Code Modulkurzbezeichnung 63 62 Übungsteil Übungsteil Revolutionen Revolutionen Die Aufklärung – Zeitalter der Vernunft O Seite 50 • Reihe die Zitate nach ihrer Bedeutung für dich. Begründe deine Reihung. • Erkläre die Zitate anhand eines Beispiels. (AW) Ü1 Denn es ist nicht genug, einen guten Kopf zu haben; die Hauptsache ist, ihn richtig anzuwenden. René Descartes Es fällt immer auf, wenn jemand über Dinge redet, die er versteht. Helmut Käutner Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand. Erasmus von Rotterdam Reue ist Verstand, der zu spät kommt. Ernst Freiherr von Feuchtersleben Man empfängt Menschen nach dem Kleide und entlässt sie nach dem Verst and. Karl Simrock Der Verstand kann uns sagen, was wir unterlassen sollen. Aber das Herz kan n uns sagen, was wir tun müssen. Joseph Joubert Der Verstand ist wie eine Fahrkarte: Sie hat nur dann einen Sinn, wenn sie b enutzt wird. Ernst R. Hauschka Aufgeklärter Absolutismus O Seite 53 • Beschreibe die Särge von Maria Theresia und ihrem Sohn Joseph II. möglichst detailliert. • Vergleiche sie miteinander in Bezug auf Material, Form, Größe und Ausschmückung. • Recherchiere zu den Bestattungsritualen der Familie Habsburg. Nimm dazu Stellung. • Verfasse abschließend darüber einen kurzen Erklärungstext für Jugendliche. (HMK, T2) im Hintergrund: Sarg von Maria Theresia und Franz Stephan im Vordergrund: Sarg von Joseph II. Foto, 2016 Ü2 Widerstand oder Reformen O Seite 54 • Recherchiert verschiedene Verwendungsformen des Begriffs „Revolution“, etwa in Zeitungsberichten, Filmen oder Songs. (Beispiel: Die britische Band ‚The Beatles‘ nannte eines ihrer Lieder ‚Revolution‘.) • Erstellt eine Liste von mindestens fünf unterschiedlichen Begriffsverwendungen. (HSK) Ü3 Revolution in Frankreich O Seite 56 Zu Beginn der Napoleonischen Kriege wurde die Marseillaise verfasst. Das Lied wurde 1795 zur französischen Nationalhymne erklärt. Nach einigen Unterbrechungen ist die Marseillaise auch heute die Nationalhymne Frankreichs. • Analysiere die erste Strophe und den Refrain der französischen Nationalhymne Schritt für Schritt. • Arbeite die Kernaussage der ersten Strophe der österreichischen Bundeshymne heraus. • Vergleiche die Botschaften der beiden Nationalhymnen. • Nimm dazu Stellung, dass die „Marseillaise“ heute noch die Nationalhymne Frankreichs ist. (HMK, M11) Ü4 Notendruck des Marschliedes Marseillaise, London, 1792, Bibliothèque Nationale (Paris, Frankreich) Marseillaise Deutsche Übersetzung 1. Strophe Auf, Kinder des Vaterlands, der Tag des Ruhmes ist gekommen! Gegen uns ist der Tyrannei blutiges Banner erhoben. (2x) Hört ihr auf den Feldern diese wilden Soldaten brüllen? Sie kommen bis in eure Arme, um euren Söhnen, euren Gefährtinnen die Kehlen durchzuschneiden. Refrain: (2x) Zu den Waffen, Bürger, formiert eure Truppen, marschieren wir, marschieren wir! Unreines Blut tränke unsere Furchen! Österreichische Bundeshymne 1. Strophe Land der Berge, Land am Strome, Land der Äcker, Land der Dome, Land der Hämmer, zukunftsreich! Heimat großer Töchter und Söhne, Volk, begnadet für das Schöne, Vielgerühmtes Österreich. Vielgerühmtes Österreich. BGBl. I 127/2011 Übungsanleitung Unterkapitel im Modul mit Seitenverweis Methoden und Techniken Im Anhang von querdenken findest du Methoden (M) und Techniken (T) für deine Aufgabenstellungen im Fach Geschichte und Sozialkunde/ Politische Bildung. Sie bieten dir Unterstützung für die Umsetzung der kompetenzorientierten Arbeitsaufgaben auf den Input- und Übungsseiten. 173 172 Methoden und Techniken Methoden und Techniken - Nenne das Thema der Statistik. - Arbeite aus dem Titel und dem beigefügten Text wichtige Informationen heraus: z. B. Darstellungsart der Zahlen (absolute Zahlen, Prozentangaben oder Vergleichswerte), Einheit oder Größe der Daten, Zeitraum der Untersuchung, Größe der Stichprobe. - Beschreibe, ob ein kurzzeitiger Zustand oder länger andauernde Merkmale dargestellt werden. - Untersuche den dargestellten Zustand bzw. die abgebildete Entwicklung. Achte dabei z. B. auf minimale und maximale Werte, plötzliche Sprünge, gleichbleibenden Verlauf oder Veränderungen. - Erkläre die Zusammenhänge und Verhältnisse, die durch die Statistik verdeutlicht werden. - Nimm Stellung zur Vertrauenswürdigkeit der Statistik. Berücksichtige dabei z. B. Stichprobengröße, durchführende Institution. - Interpretiere die Statistik vor dem Hintergrund dir bekannter historischpolitischer Tatsachen. - Beurteile, inwiefern die Statistik zur Klärung von historischen oder politischen Fakten beiträgt. - Formuliere eine Gesamtaussage der Statistik in eigenen Worten. METHODE 13 Statistik - Ermittle wichtige Informationen über die Dokumentation, soweit sie für das Verständnis des Entstehungszusammenhangs notwendig sind: z. B. Regisseurin bzw. Regisseur, Auftraggeberin bzw. Auftraggeber, Produktionsland, Länge, Entstehungszeitraum, Anlass der Produktion. - Arbeite die zentralen Inhalte und Aussagen der Dokumentation heraus, indem du dir während der Dokumentation Notizen machst. - Stelle fest, ob einzelne Persönlichkeiten oder Ereignisse im Mittelpunkt stehen. - Ordne den Inhalt der Dokumentation einem historischen bzw. politischen Thema zu. - Untersuche die Beziehung der einzelnen Elemente der Dokumentation zueinander (z. B. Erzählerin bzw. Erzähler, Interviews, Zeitzeuginnen bzw. Zeitzeugen, Quellen, eingebaute Filmszenen). - Beurteile die Genauigkeit und Seriosität (Vertrauenswürdigkeit, Ernsthaftigkeit) der Darstellung. - Nimm dazu Stellung, inwiefern die Dokumentation zu einem besseren Verständnis der dargestellten Ereignisse für uns heute beiträgt. - Formuliere eine Gesamtaussage der Dokumentation in eigenen Worten. METHODE 14 TV-Dokumentation - Sammle ausreichend Informationen und Argumente zum Thema. - Arbeite Pro- und Contra-Argumente heraus, damit deine Meinung überzeugend wirkt. TECHNIK 1 Diskussion 1 - Beteilige dich aktiv an der Diskussion. - Höre aufmerksam zu und lasse andere ausreden. Beziehe deine nächste Wortmeldung auf die Vorrednerin bzw. den Vorredner. - Sprecht nicht durcheinander. - Bleibe sachlich und beim Thema. Tipp: Es ist kein Problem, wenn du deine Meinung einmal überdenken oder ändern musst. - Verwende für deine Wortmeldungen „Ich-Botschaften“, soweit es ausdrücklich um deine persönlichen Gefühle geht. - Vermeide „Du-Botschaften“, durch die deinem Gegenüber Schuld oder Verantwortung zugeschoben wird. - Zwischenrufe oder Beleidigungen sind tabu. - Erstelle eine Liste mit Informationen, die du bereits zu einem bestimmten Thema gesammelt hast bzw. mit Punkten, die dir noch fehlen. Formuliere dazu Stichwörter, die du in eine Suchmaschine (z. B. Google) eingeben möchtest. - Lege einen Zeitrahmen für deine Arbeit am PC und die anschließende Bearbeitung der gefundenen Materialien (z. B. für die Erstellung einer Präsentation) fest. - Behalte bei der Suche immer dein Thema im Auge und eile nicht von Link zu Link. - Ermittle die Anbieterinnen bzw. die Anbieter der Internetseiten (z. B. Privatpersonen, Organisationen, Bildungseinrichtungen). Beurteile, ob diese mit ihren Informationen bestimmte Absichten verfolgen. Tipp: Vertrauenswürdige Informationen findest du beispielsweise auf Seiten offizieller Organisationen oder von Bildungseinrichtungen. - Bewerte, ob die Startseite eine schnelle Orientierung zulässt bzw. die Navigation sinnvoll und hilfreich ist. - Verwende weiterführende Links und Suchmöglichkeiten, die auf einer Seite angeboten werden, wenn sie für dein Thema hilfreich sind. - Achte bei der Ausarbeitung deiner Arbeitsergebnisse auf Übersichtlichkeit, Sachlichkeit, klare Struktur und eine überschaubare Stoffmenge. - Gib bei der Darstellung deiner Rechercheergebnisse alle von dir verwendeten Internetseiten an. Verwende dafür die URL (http:// www…) sowie das Datum deiner Suche. TECHNIK 2 Internetrecherche 1 1 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

6 Geschichte und Sozialkunde/ Politische Bildung Kannst du dich noch erinnern? Du hast dich im letzten Schuljahr bereits mit vielen Themen und Quellen bzw. Darstellungen beschäftigt. Hier eine kleine Auswahl: PPQuelle: stammt aus der jeweiligen Zeit der Geschichte (z. B. schriftlich, bildlich) PPDarstellung: spätere Erzählung über Geschichte (z. B. Film, PC-Spiel) PPKompetenz: Fähigkeit, Fertigkeit und Bereitschaft bestimmte Probleme zu lösen ››Neben der jeweils trainierten Kompetenz können sich folgende zusätzliche Angaben bei den Arbeitsaufträgen finden: LK (Lesekompetenz), AW (Arbeitswissen), FÜ_… (Fächerübergreifende Übung mit …) und Kreativaufgabe. Historische und politische Kompetenzen Auch in diesem Schuljahr wirst du verschiedene Kompetenzen trainieren. Historische Kompetenzen Kompetenz Abkürzung Ziel Historische Methodenkompetenz HMK eigenständiger Umgang mit historischen Quelle Historische Sachkompetenz HSK Kennenlernen von historischen Begriffen und Konzepten Historische Orientierungskompetenz HOK Lernen von Geschichte hilft beim Verstehen der Gegenwart Historische Fragekompetenz HFK Fragen an die Vergangenheit stellen können Kompetenzen der Politischen Bildung Kompetenz Abkürzung Ziel Politikbezogene Methodenkompetenz PMK Grundlagen der Politikanalyse kennen und anwenden Politische Sachkompetenz PSK Kennenlernen von Begriffen und Konzepten der Politik Politische Handlungskompetenz PHK eigene Meinungen, Werte und Interessen formulieren und vertreten können; Angebote verschiedener Einrichtungen kennen und nutzen Politische Urteilskompetenz PUK selbstständiges und begründetes Urteil treffen können • Ordne die oben gezeigten Quellen und Darstellungen historischen oder politischen Themen zu. • Formuliere mögliche Bildunterschriften. (HMK) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

7 Begegnungen zwischen dem Eigenen und dem Fremden Basiskonzepte: Lebens- und Naturraum | Zeiteinteilung Zu Beginn der Neuzeit begannen die Menschen Neues zu entdecken und zu erfinden. Dabei lernten sie ihnen bislang unbekannte Gebiete der Erde kennen und kamen in Kontakt mit fremden Kulturen. In diesem Modul beschäftigst du dich mit den Ursachen von europäischen Entdeckungs- und Eroberungsfahrten am Beginn der Neuzeit. Du lernst die Begriffe „Kolonialismus“ und „Imperialismus“ kennen und befasst dich mit den Auswirkungen des sogenannten Kolonialzeitalters auf die Gegenwart. Weitere Inhalte dieses Moduls sind die Analyse von Kulturkontakten und das Erkennen von Rassismus. Du übst Fragen an die Vergangenheit und an historische Quellen zu stellen. Schriftliche und bildliche Quellen werden von dir beschrieben, analysiert und interpretiert. Deine Ergebnisse sind die Grundlage dafür, dass du eigene historische Erzählungen erstellst. 52w3rp Heinrich der Seefahrer 1394–1460 Renaissance 14.–16. Jh. Buchdruck mit beweglichen Lettern um 1450 Christoph Kolumbus 1451–1506 Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen 1453 Bartolomeu Diaz gelangt an die Südspitze Afrikas 1488 Christoph Kolumbus landet auf der Insel San Salvador (Bahamas) 1492 Vertrag von Tordesillas 1494 Vasco da Gama legt den Seeweg nach Indien zurück 1498 Hernán Cortés erreicht die Hauptstadt des Aztekenreiches 1519 erste Weltumsegelung (Fernando Magellan) 1519–1522 Berliner Konferenz 1884/85 Boxeraufstand (China) 1899–1901 Völkermord an den Herero und Nama in Afrika 1904–1908 Aztekische Federkrone, Weltmuseum Wien, Foto, 2012 Bei der Federkrone handelt es sich vermutlich um den Kopfschmuck eines Priesters. Im Zuge der Entdeckung und Eroberung Mittelamerikas dürfte er in europäischen Besitz gekommen sein. Möglicherweise war die Federkrone eines der Gastgeschenke Montezumas, des vorletzten Herrschers der Azteken, an den spanischen Eroberer Hernán Cortés. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

8 Begegnungen Europa am Beginn der Neuzeit Umwälzungen Zwischen 1450 und 1550 gab es in vielen Bereichen entscheidende Veränderungen: • Es wurden zahlreiche Erfindungen gemacht, • die Europäerinnen und Europäer entdeckten neue Teile der Welt und • das Denken der Menschen veränderte sich. Die Menschen in Europa fühlten sich freier und weniger abhängig von der Natur, ihren Herrscherinnen bzw. Herrschern und der Religion. Wir sprechen daher von einer neuen Epoche: der Neuzeit. Neue Staaten Im Mittelalter war die Herrschaft durch das Lehenssystem geregelt. Dies änderte sich in der Neuzeit: Es entstanden größere Territorialstaaten. Das Leben der Menschen war nicht mehr so stark von persönlichen Abhängigkeiten geprägt. ››Wir teilen die Geschichte in fünf Epochen ein, doch beginnen und enden diese nicht plötzlich. Der Übergang ist fließend. Die Einteilung ist erst im Nachhinein entstanden. PPTerritorialstaat: Staat, in dem sich der Herrschaftsanspruch der bzw. des Regierenden über ein bestimmtes Gebiet und dessen Bevölkerung erstreckt ››„Österreich“ kannst Du auf Karten dieser Zeit nicht finden. Obwohl schon 996 der Begriff „Ostarrîchi“ zum ersten Mal erwähnt wurde, gibt es erst 1804 ein Reich, das den Namen „Österreich“ trägt, das „Kaiserthum Oesterreich“. Einteilung der Geschichte nach Epochen O S. 24, Ü1 Mitteleuropa um 1500 A1 • Vergleiche die obige Karte mit einem modernen Atlas von Mitteleuropa. • Benenne Staaten, die den heutigen in Bezug auf die Fläche ähneln. • Suche dir einen Staat aus und formuliere zwei Fragen zur Entwicklung seines Gebietes. (HMK, HFK) M4 T2 BASISKONZEPT – ZEITEINTEILUNG Der Begriff „Zeit“ begleitet uns in unserem Alltag in Form von Veränderungen oder Abfolgen von Ereignissen ständig. Schon viele Jahrtausende lang beschäftigten sich Menschen mit der Einteilung von Zeit und entwickelten Kalender und Datierungen. Begriffe wie „gestern“, „heute“ oder „morgen“ verwenden wir täglich, um uns zeitlich zu orientieren. Mit ganzen Zeitabschnitten, sogenannten Epochen, verbinden wir konkrete Vorstellungen und ordnen Ereignisse diesen zu. KGR. SPANIEN KGR. FRANKREICH O S M A N I S C H E S R E I C H ZARENTUM MOSKAU GRFSM. LITAUEN KGR. POLEN HEILIGES RÖMISCHES REICH KGR. SCHWEDEN KGR. PORTUGAL KIRCHENSTAAT CHANAT DER KRIM ZARENTUM KASAN CHANAT ASTRACHAN KGR. DÄNEMARK KGR. ENGLAND KGR. SCHOTTLAND IRLAND REP. VENEDIG KGR. NORWEGEN Kgr. Sardinien Kgr. Sizilien Kgr. Neapel Rep. Genua 0 360 720 1100 km Grenze des Heiligen Römischen Reiches Gebiete in osmanischer Abhängigkeit 0 360 720 1100 km Grenze des Heiligen Römischen Reiches Gebiete in osmanischer Abhängigkeit Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

9 Begegnungen Neues Weltbild der Neuzeit | extra Die Erde bewegt sich um die Sonne Die Kirche vertrat im Mittelalter die Meinung, die Erde stünde im Mittelpunkt des Universums. Diese Vorstellung wird als geozentrisches Weltbild bezeichnet. Der deutsche Domherr, Arzt und Astronom Nikolaus Kopernikus (1473– 1543) fand jedoch heraus, dass die Sonne im Zentrum steht. Die Erde dreht sich mit anderen Planeten um sie. Man bezeichnet dies als heliozentrisches Weltbild. Kirche gegen Wissenschaft Die Kirche lehnte diese neue Erkenntnis jedoch strikt ab. Der italienische Wissenschaftler Galileo Galilei (1564–1642) entwickelte die Erkenntnisse von Kopernikus weiter und wurde dafür von der Kirche zu Hausarrest verurteilt. Erst im 19. Jh. erkannte die katholische Kirche das heliozentrische Weltbild offiziell an. Zentrum der Darstellung von Schedel ››Der Übergang vom geozentrischen zum heliozentrischen Weltbild wird auch als „kopernikanische Wende“ bezeichnet. René Boyvin, Nikolaus Kopernikus, Kupferstich nach einem zeitgenössischen Bildnis, 1580 ››Die Kenntnisse zum Sonnensystem wurden seit der Frühen Neuzeit mithilfe von vielen technischen Hilfsmitteln laufend weiterentwickelt. Darstellung des geozentrischen Weltbildes von Hartmann Schedel, Schedelsche Weltchronik, 1493 Darstellung des heliozentrischen Weltbildes nach Nikolaus Kopernikus, Kupferstich, koloriert, aus: Andreas Cellarius, Harmonia Macrocosmica, 1660 A2 • Beschreibe die Darstellung des heliozentrischen Weltbildes von Kopernikus so genau wie möglich. • Diskutiert in der Klasse über mögliche Gründe für die Ablehnung des heliozentrischen Weltbildes durch die katholische Kirche. (HMK, PUK) T1 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

10 Begegnungen Humanismus und Renaissance Humanismus Im Mittelalter bestimmte die Religion das Leben der Menschen. Im 15. Jh. begannen italienische Gelehrte und Künstler (Humanisten) diese Einstellung zu hinterfragen. Die mittelalterliche Vorstellung, dass das Leben nur die Vorstufe auf das Jenseits sei, wurde abgelöst. Man beschäftigte sich mehr mit dem Leben im Diesseits, rückte das Individuum in den Mittelpunkt und schuf ein neues Menschenbild. Die Humanisten gewannen ihre Erkenntnisse nicht mehr nur aus der Bibel. Stattdessen beobachteten sie die Natur und beschäftigten sich mit Texten der griechischen und römischen Antike (z. B. Homer oder Cicero). Die wiederentdeckten Schriften der Antike verbreiteten sich dank des Buchdrucks. Von Italien breiteten sich die humanistischen Ideen über ganz Europa aus. Bekannte Humanisten waren beispielsweise Francesco Petrarca, Nikolaus Kopernikus oder Erasmus von Rotterdam. Allerdings war Frauen in dieser Zeit der Zugang zu einer höheren Ausbildung meist nicht möglich. Renaissance Auch in der Kunst gab es eine neue Begeisterung für die Antike. Man nennt diese Zeit auch Renaissance (franz. „Wiedergeburt“). Dabei handelt es sich um eine von Italien ausgehende geistige Bewegung im 14. bis zum 16. Jh. Sie war geprägt durch die Wiederentdeckung der Geisteshaltung, Sprache, Kunst und Literatur der Antike. Heute spricht man von dieser Zeit oft als Renaissance-Humanismus. Wichtige Künstler dieser Zeit waren beispielsweise Leonardo da Vinci, Michelangelo Buonarroti, Raffael Santi oder Albrecht Dürer. Die Renaissancekünstler hatten ein neues Selbstverständnis: Sie fühlten sich nicht mehr nur als reine Handwerker, sondern als kreative Schöpfer eines Kunstwerks. Deshalb begannen sie auch, ihre Werke zu signieren. Sie arbeiteten nicht mehr ausschließlich für die Kirche, sondern auch für Adelige. Diese ließen sich ihre Paläste im Stil der Zeit ausstatten oder kauften Kunstwerke für ihre Sammlungen. Einige von ihnen waren auch als Mäzene tätig. PPHumanismus: von lat. humanitas (Menschlichkeit); Wissenschaft, die sich mit dem Menschen beschäftigt PPIndividuum: der einzelne Mensch mit seinen Besonderheiten ››Man geht davon aus, dass auch Frauen künstlerisch tätig waren. Sie durften ihre Werke aber nicht unter dem eigenen Namen veröffentlichen. Daher sind heute keine bekannt. PPsignieren: als Urheberin bzw. Urheber das Werk mit der eigenen Unterschrift versehen Albrecht Dürer, Signatur, 1502 PPMäzenin bzw. Mäzen: Person oder Institution, die mit Geld z. B. Künstlerinnen bzw. Künstler oder Sportlerinnen bzw. Sportler unterstützt und fördert O S. 24, Ü2 A3 • Michelangelos „David“ gilt als eine der bekanntesten Skulpturen der Kunstgeschichte. Beschreibe sie möglichst genau. • Weise mithilfe des Schulbuchtextes anhand von zwei Merkmalen nach, dass die Skulptur aus der Zeit des Renaissance-Humanismus stammt. • Formuliere zumindest drei Fragen, die du über diese Statue gerne erfahren würdest. Prüfe Möglichkeiten, deine Fragen zu beantworten. (HMK, HFK) Michelangelo Buonarroti, David, Marmor, 1501– 1504, Galleria dell’Accademia (Florenz, Italien) Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

11 Begegnungen Leonardo da Vinci | extra Leonardo da Vinci gilt als das Ideal des Renaissance-Menschen. Er wird auch als Universalmensch („uomo universale“) bezeichnet, da er in ganz unterschiedlichen Bereichen tätig war. Neben der Malerei und Bildhauerei zeichnete er Pläne von technischen Gerätschaften. Da Vinci forschte auch im Bereich der Naturwissenschaften. Er hinterließ rund 13.000 Seiten an wissenschaftlichen Notizen in Spiegelschrift, anatomischen Skizzen und technischen Plänen. PP Leonardo da Vinci (1452–1519): italienischer Maler, Bildhauer, Architekt, Wissenschaftler und Erfinder; gilt als einer der berühmtesten Universalgelehrten aller Zeiten Leonardo da Vinci, Selbstbildnis, Rötelzeichnung, 1515, Biblioteca Reale (Turin, Italien) PP anatomisch: den Bau des menschlichen oder tierischen Körpers betreffend Leonardo da Vinci, Luftschraube, Zeichnung, um 1500, Bibliothèque de l’Institut de France (Paris, Frankreich) Leonardo da Vinci, Mona Lisa, um 1503/05, Musée du Louvre (Paris, Frankreich) Leonardo da Vinci, Anatomische Studien des Schädels, 16. Jh. Leonardo da Vinci, Das Abendmahl, Wandgemälde, 1495–97, Kloster Santa Maria delle Grazie (Mailand, Italien) A4 • Beschreibe eines der Werke da Vincis möglichst detailliert. • Recherchiere zu einem anderen Künstler der Renaissance (z. B. Raffael, Donatello). • Diskutiert, welche Bedeutung die Kunst dieser Zeit heute hat. (HMK, HOK) M1 T1 T2 Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

12 Begegnungen Erfindungen Erleichterung des Alltags Seit jeher versuchen die Menschen, Hilfsmittel zu finden, die ihren Alltag vereinfachen. Manche Erfindungen beeinflussten das Leben der Menschen nachhaltig; viele sind bis heute in Gebrauch. Sie werden ständig weiterentwickelt. Der Buchdruck Eine sehr folgenreiche Erfindung war der Buchdruck mit beweglichen Lettern aus Metall. Johannes Gutenberg entwickelte bereits bekannte Techniken zur Herstellung von Büchern weiter: Bei seinem Verfahren wurden die Lettern (Buchstaben) in einem Setzkasten so zusammengesetzt, wie sie für eine Seite benötigt wurden. Für den Druck verwendete man eine Presse (Druckerpresse). Obwohl Bücher damit einfacher hergestellt werden konnten, wurden sie zunächst weiterhin mit der Hand bebildert. Erst im 18. Jh. wurden Bücher in deutlich größeren Mengen produziert. Sehr häufig gedruckt wurde zunächst die Bibel. Gutenberg-Bibel, erste Seite, vollendet in Mainz, ca. 1455 Produktion von gedruckten Büchern 1454–1800 (in tausend Büchern) 0 100.000 200.000 300.000 400.000 500.000 600.000 700.000 O S. 24, Ü3 Jan Stradanus, Buchdruckerwerkstatt, Kupferstich, 1588 Bereits den Zeitgenossen war die Bedeutung der Erfindung klar. Der berühmte Humanist und Historiker Hartmann Schedel schrieb dazu: A5 • Benenne die auf dem Kupferstich dargestellten Abläufe des Buchdrucks. • Arbeite die von Schedel beschriebenen Folgen der Erfindung heraus. • Verfasse mithilfe der beiden Quellen eine kurze Erzählung: Stelle dir dazu vor, wie ein junger Gehilfe Gutenbergs von der Erfindung seines Arbeitgebers berichtet. (HMK) Dadurch [sind] die kostbaren Schätze schriftlicher Kunst und Weisheit[, die] so in alten Büchern lange Zeit als der Welt unbekannt in dem Grabe der Unwissenheit verborgen gelegen sind, danach an das Licht gelangt […]. [Wäre] diese Kunst eher erfunden worden und in Wissenheit und Gebrauch gewesen […], so wären […] viele Bücher […] hochgelehrter Leute nicht […] verloren worden. Schedel, Weltchronik, 1493, Fol 252 v Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

13 Begegnungen Technischer Fortschritt | extra Rückgriffe auf bestehende Erkenntnisse Wie beim Buchdruck gab es bei den meisten technischen Entwicklungen der Frühen Neuzeit Vorformen. So hatte es schon im Mittelalter Uhren gegeben. Diese waren aber groß und beispielsweise in Kirchtürmen verbaut. Zu Beginn der Neuzeit konnten Uhren so klein gebaut werden, dass man sie in der Tasche tragen konnte. Die Taschenuhr wurde bald sehr beliebt. Der Nürnberger Peter Henlein (1479–1542) war der erste namentlich bekannte Kleinuhrmacher. Viele technische Entwicklungen waren außerhalb Europas entstanden. Sie kamen über Handelskontakte oder durch Kriege nach Europa. Das Schwarzpulver zum Abfeuern von Schusswaffen wurde beispielsweise vermutlich in China erfunden. Seit dem 13. Jh. ist es auch in Europa bekannt und veränderte die Kriegsführung enorm. Weiterentwicklung der Seefahrt An der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit gab es auch für die Seefahrt wichtige technische Weiterentwicklungen. Diese erleichterten weite Seereisen und damit den Fernhandel. • Seit dem 13. Jh. war der trockene Kompass bekannt. Um 1400 wurde dieser in ein Gehäuse eingebaut und konnte damit leichter transportiert werden. • Mit der Karavelle, einem zwei- bis viermastigen Segelschiff, konnten ab dem 14. Jh. größere Strecken auf offener See zurückgelegt werden. • Der niederländische Brillenmacher Hans Nipperhey (1570–1619) erfand 1608 das erste Fernrohr. Bereits 1609 entwickelte es der Italiener Galileo Galilei (1564–1642) weiter. 1611 erfand der Deutsche Johannes Kepler (1571–1630) eine andere Art, ein Fernrohr zu bauen. Fernrohre aus dem Besitz von Galileo Galilei, 1630, Museo Galileo (Florenz, Italien) ››Der nasse Kompass wurde bereits in der Antike verwendet. Bei diesem schwimmt Magneteisenstein auf Wasser. Beim trockenen Kompass bewegt sich eine Magnetnadel auf einem Stift. Er war viel genauer. ››Galileo Galilei machte viele Entdeckungen und Erfindungen und gilt als Mitbegründer der modernen Naturwissenschaften. Kompass des englischen Seefahrers Sir Francis Drake, 1596, National Maritime Museum (London, England) A6 • Liste einige astronomische Gerätschaften auf, die im ehemaligen Wohnhaus von Galilei ausgestellt sind. • Formuliere zwei Fragen, die dich im Zusammenhang mit diesen interessieren. • Stelle die Bedeutung der genannten Erfindungen für die Menschen der Frühen Neuzeit und für uns heute fest. (HOK, HFK) Wohnhaus von Galilei, Foto, 1980 (Florenz, Italien) Nur zu Prüfzw cken – Eigentum des Verlags öbv

14 Begegnungen Zeitalter der Entdeckungen Bekannte Welt Zur Zeit des europäischen Mittelalters waren den Menschen jeweils nur begrenzte Gebiete bekannt. Der Zeitraum zwischen dem Ende des 15. Jh. und der ersten Hälfte des 16. Jh. nennt man auch das „Zeitalter der geografischen Entdeckungen“. Es ist dies aber auch die Zeit, in der es in den neu entdeckten bzw. eingenommenen Gebieten zum Völkermord an der indigenen (einheimischen) Bevölkerung durch die Europäerinnen und Europäer kam. Astrolabium, Europa, 14. Jh. Karavelle, Bordbuch des Christoph Kolumbus, Holzschnitt, 1502 Jakobsstab, Ende 16. Jh., Landesmuseum Württemberg (Stuttgart, Deutschland) O S. 25, Ü4 A7 • Analysiere die Karte Schritt für Schritt. • Vergleiche die um 1450 bekannten Gebiete im Hinblick auf die geografische Lage und Größe miteinander. • Zeige anhand der Karte die Kontaktmöglichkeiten zwischen den einzelnen Völkergruppen auf. • Stelle mögliche Auswirkungen des eingeschränkten Wissens voneinander dar. (HMK) M4 Die um 1450 bekannte Welt PAZI F ISCHER OZEAN (SÜDSEE) AT L ANT I SCHER OZ E AN ( NORDME ER ) INDISCHER OZEAN PA Z I F I SCHER OZ E AN ( SÜDS E E ) EUROPA A S I E N AFRIKA AMERIKA S i b i r i e n Grönland Mikronesien Polynesien Neuholland 0 2500 5000 km in Europa bekannte, besiedelte Gebiete in Europa wenig bekannte Gebiete den muslimischen Völkern bekannte Gebiete den östlichen Völkern (China und Indien) bekannte Gebiete von Polynesien und Mikronesien aus erkundete und besiedelte Inseln im Pazifik 0 2500 5000 km in Europa bekannte, besiedelte Gebiete in Europa wenig bekannte Gebiete den muslimischen Völkern bekannte Gebiete den östlichen Völkern (China und Indien) bekannte Gebiete von Polynesien und Mikronesien aus erkundete und besiedelte Inseln im Pazifik Voraussetzungen und Gründe für Entdeckungsfahrten Die Renaissance war das Zeitalter der Kunst und der Wissenschaft, aber auch der Entdeckungsfahrten. Die Entwicklungen im Schiffsbau (Karavelle), der Einsatz neuer technischer Geräte (Astrolabium, Jakobsstab etc.) und die Rückbesinnung auf antikes Wissen machten die weltverändernden Vorhaben möglich. Forscherdrang, Abenteuerlust und Gier nach Reichtum trieben die Seefahrer an, in bis dahin unbekannte Gebiete vorzudringen. Es gab aber auch politische, religiöse und wirtschaftliche Gründe. Seit der Eroberung Konstantinopels 1453 kontrollierten die Osmanen wichtige Handelswege zwischen Europa und Asien. Durch die hohen Zölle wurden die begehrten Waren aus Indien und China teurer. Deshalb suchten die europäischen Händlerinnen und Händler neue Möglichkeiten, um das Osmanische Reich zu umgehen. Daher wurden im Auftrag von einigen europäischen Mächten neue Seewege erkundet. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

15 Begegnungen Wichtige Seefahrermächte | extra Der ertragreiche Handel mit Sklavinnen und Sklaven und die Suche nach Gold, Gewürzen und anderen orientalischen Erzeugnissen veranlassten Seefahrer zu immer ausgedehnteren Entdeckungsfahrten. Vor allem in Portugal und Spanien starteten viele Reisen (siehe S. 16). Portugal Der portugiesische Kronprinz Heinrich der Seefahrer (1394–1460) war ein wichtiger Förderer der portugiesischen Entdeckungsfahrten. Er gründete eine eigene Seefahrerschule und entsandte regelmäßig Schiffe zur Erkundung der afrikanischen Westküste. 1488 gelangte Bartolomeu Diaz (1450–1500) an die Südspitze Afrikas. Den Seeweg nach Indien legte Vasco da Gama (1469–1524) als Erster zurück. 1498 erreichte er die indische Küste. Dieser Fahrt folgten zahlreiche weitere Expeditionen. Portugal wollte die Seeherrschaft bis nach Indien gewinnen und den Handel kontrollieren. Die Entdeckung von da Gama trug zum Reichtum Portugals bei und es wurde zur größten Handelsmacht in Europa im 16. Jh. Spanien Einige Jahrzehnte nach Portugal begann auch für Spanien die Epoche der Entdeckungen. Christoph Kolumbus (1451–1506) wollte Indien auf dem Westweg erreichen. Aufgrund damaliger Weltkarten glaubte er, Indien in drei Wochen erreichen zu können. Statt der eingeplanten drei Wochen war Kolumbus über zehn Wochen unterwegs gewesen, bevor er am 12. Oktober 1492 Land erreichte. Kolumbus wusste aber nicht, dass er nicht in Indien, sondern auf der Insel San Salvador (Bahamas) gelandet war. Nach seiner Rückkehr nach Spanien sicherte sich der spanische König das Recht der Inbesitznahme der neu entdeckten Gebiete. Bei seinen vier Reisen entdeckte Kolumbus große Teile der Karibik und kam bis nach Mittelamerika. 1519 brach Fernando Magellan (1480–1521) im Dienste des spanischen Königs zu einer Umsegelung der Welt in westlicher Richtung auf. Der Kapitän verstarb auf den Philippinen, doch eines seiner Schiffe kehrte 1522 nach Spanien zurück. Damit war die erste Weltumsegelung gelungen. ››Bereits in der Antike wurden die ersten Erdgloben gebaut. Mit dem Zeitalter der Entdeckungen begann die große Zeit der Herstellung von Erdgloben. Den ältesten heute noch erhaltenen Erdglobus schuf Martin Behaim. Martin Behaim, Erdglobus, 1490–1492, Bibliothèque Nationale (Paris, Frankreich) PPExpedition: Forschungsreise in noch unerschlossene Gebiete ››Die Südspitze Afrikas heißt auch heute noch „Kap der Guten Hoffnung“. Diesen Namen erhielt es vom portugiesischen König, nachdem es Vasco da Gama gelungen war, die afrikanische Südspitze zu umsegeln und man nun die Hoffnung haben konnte, auch auf diesem Weg Indien zu erreichen. ››Der neu entdeckte Kontinent wurde nach dem Italiener Amerigo Vespucci benannt, der um 1500 die Küste Südamerikas erforschte. A8 • Recherchiere im Internet zu Martin Behaims Erdglobus. Arbeite geografische Irrtümer aus heutiger Sicht in seiner Darstellung heraus. • Notiere Fragen, die sich Kolumbus vor seiner Reise gestellt haben könnte. (HFK) T2 Vertrag von Tordesillas Zwischen Spanien und Portugal kam es bald zu einem Streit um die Besitzansprüche in der „Neuen Welt“. Schließlich legte der Papst im Vertrag von Tordesillas (1494) eine Teilungslinie von Nord nach Süd durch den Atlantik fest. Alles Land westlich davon wurde Spanien zugesprochen; alle Gebiete östlich davon fielen an Portugal. Die Interessen anderer Seemächte, wie England und Frankreich, wurden nicht berücksichtigt. Die indigene Bevölkerung wurde in diese Entscheidung nicht einbezogen, obwohl es um die Aufteilung ihres Lebensraumes ging. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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