Zeitbilder 2, Schulbuch

Anwendungsbereich 5: Mittelalterliche Lebensformen 81 Knappe Sigismund hat kein Verständnis für Romantik Sigismund: „Wenn du dauernd Ausschau hältst, wird dein angebeteter Ritter Kunibert auch nicht schneller kommen!“ Kunigunde: „Morgen ist doch das große Turnier, sogar der König ist schon eingetroffen, und Kunibert ist immer noch nicht da.“ Sigismund: „Dir ist klar, dass morgen deine Verlobung mit Herzog Adalbert bekanntgegeben wird? Der hat eine prachtvolle Burg!“ Kunigunde: „Aber Kunibert sieht so gut aus, wenn er mit erhobenem Speer auf den Gegner zureitet oder ihn aus dem Sattel sticht.“ Sigismund: „Aber sein Aussehen und seine Stärke zählen nicht: Seine Burg ist ein schmutziger Hof mit einem Turm. Man hört sogar, dass er als Raubritter Reisende ausraubt. Willst du etwa mit ihm in der Stadt als Bürgerin leben oder als Frau eines Verwalters oder gar selbst als Bäuerin Felder bestellen, damit ihr genug zu essen habt?“ Kunigunde: „Natürlich nicht. Wie schön wäre es, wenn ein Mädchen sich verlieben und ihren Geliebten auch heiraten könnte, wie es Sänger Walther neulich gesungen hat. Ob das wohl eines Tages so sein wird?“ Sigismund: „Niemals, denn auch Mädchen müssen essen – und da ist ein reicher Mann besser.“ M7 Eine Geschichte aus dem Mittelalter (Barbara Kronberger-Schmid) M6 Die Versuchung Q Heinrich war ein Dienstmann des Herzogs von Sachsen. Er hatte eine vornehme Ehefrau, die er sehr liebte. Als sich die beiden eines Tages über die Schuld der Eva in der Bibel unterhielten, regte sich jene über Evas mangelnde Selbstbeherrschung auf, weil sie nur für einen Apfel aus lauter Gier die gesamte Menschheit so großer Strafe und Elend ausgesetzt hätte. Der Mann antwortete ihr: „Verurteile sie nicht. Vielleicht hättest du in so einer Versuchung ähnlich gehandelt. Ich schlage dir eine Wette vor, die du nicht gewinnen wirst.“ Er verbot ihr nach dem Bad durch die stinkende Jauchengrube im Burghof zu gehen. Die Frau lachte, weil sie das ohnehin nie tun wollte. Doch seit diesem Tag musste sie jedes Mal, wenn sie nach dem Bad durch den Burghof ging, daran denken, dass sie nicht hineinsteigen durfte. Und plötzlich wünschte sie sich genau das und sagte zu ihrer Magd: „Ich muss es heimlich probieren.“ Auf einer Burg bleibt aber nichts geheim. Am Abend fragte Heinrich: „Na, wie war das Bad? Hast du im Fass oder in der Jauchengrube gebadet?“ So musste sie ihre Wette einlösen: Er nahm ihr, da sie kein Geld hatte, alle ihre kostbaren Gewänder fort, verschenkte sie und lachte sie noch eine ganze Weile aus. (nach: Caesarius von Heisterbach (1180-1240), Dialogus Miraculorum 4, 76, um 1220) 1 Beschreibe das Bild der beiden Schachspielenden (M1) aus dem 13. Jh. Erkläre, was es über Stellung und Bildung der Rittersfrau aussagt. (HMK II) 2 Vergleiche die Darstellung der Verlobung (M4) mit der Sichtweise von Sigismund in M7. (HMK II) 3 Beschreibe die Jagdszene aus dem 14. Jh. (M5). Recherchiere, ob, und wenn ja, wo heute noch Falkenjagd betrieben wird. (HOK II) 4 Vergleiche die Darstellung der Burgherrin (M2) mit dem Schulbuchtext. Überprüfe, was die Mädchen auch lernten, das in der Darstellung M2 nicht abgebildet ist. (HOK III) 5 Beschreibe M3. Arbeite heraus, woran du den Rangunterschied zwischen dem Ritter und dem Knappen erkennen kannst. (HMK II) 6 Analysiere den Text M6. Beurteile die Einstellung der Männer den Frauen gegenüber. (HMK III) 7 Analysiere den Text M7. Erläutere Kunigundes Zukunftsaussichten, wenn sie den armen Ritter Kunibert heiratet. Nimm Stellung zur Aussage des Sigismund: Frauen müssen sich einen wohlhabenden Ehemann suchen, um genug zu essen zu haben. (HMK III) 8 Beschreibe M8. Ordne die dargestellten Personen nach ihrer Tätigkeit und Stellung. (HMK I) M8 Ritterturnier (Codex Manesse) ca. 1000 n. Chr. ca. 1350 n. Chr. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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