global 7. Geographie und Wirtschaftskunde, Schulbuch

112 Fallbeispiel Kompetenzorientiertes Lernziel Herausforderungen multikultureller und alternder Bevölkerungen erörtern Ökonomische Aspekte der Migration Bei einem Thema, das so komplex ist wie Migration, können Fakten manchmal dabei helfen, die Wirklichkeit zu begreifen. Ohne Zuwanderung und bei konstanter Erwerbsbeteiligung würde das Arbeitskräfteangebot in Österreich bis 2050 – laut Erwerbsprognose der Statistik Austria – um rund 17 Prozent sinken. Ein erschreckendes Szenario mit einer klaren Aussage: Österreich braucht Migration, um wirtschaftlich bestehen zu können. Österreich ist ein Zuwanderungsland, wie M1 belegt. Arbeitsmigration ist also eine wichtige Maßnahme, um den Arbeits- und Fachkräftemangel zu bewältigen. So bilden Einwanderer und Einwanderinnen aus anderen EU-Ländern bzw. aus einer Reihe von Drittstaaten (zB Philippinen) beispielsweise schon heute eine tragende Säule im medizinischen Versorgungssystem und sind insbesondere in der Pflege wichtig. Diese muss in den nächsten Jahren noch weiter ausgebaut werden. Denn, so schätzt die Statistik Austria, die Zahl der Pflegebedürftigen wird sich in Österreich bis 2050 – laut Prognosen – mindestens verdoppeln. Faktum ist aber auch, dass die Aufnahme bzw. die Integration von Asylwerberinnen und Asylwerbern, vor allem als Folge der Flüchtlingskrise 2015, hohe Kosten verursacht hat und noch immer verursacht. „Migrantinnen und Migranten sind eine unfreiwillige Belastung für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, beziehen Sozialhilfe und nehmen den Österreicherinnen und Österreichern Arbeitsplätze weg.“ Dies ist einer der häufigsten Vorwürfe, die man immer wieder hören kann. Die Ergebnisse diverser Studien zu den ökonomischen Effekten von Asylberechtigten in Österreich (zB Studie des Joanneum Research, 2017) kommen jedoch zu anderen Ergebnissen. Allerdings muss zwischen kurzfristigen wirtschaftlichen Auswirkungen der Flüchtlingsbetreuung und den mittel- und langfristigen Effekten für den Arbeitsmarkt unterschieden werden. Geringere Erwerbstätigkeit der Bevölkerung mit Migrationshintergrund Laut Statistik Austria stehen Personen mit Migrationshintergrund in etwas geringerem Maße als Österreicherinnen und Österreicher im Erwerbsleben. So lag die Erwerbstätigenquote von 15- bis 64-jährigen Menschen mit Migrationshintergrund im Jahr 2019 bei 67%, jene der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund bei 76%. Menschen aus EU- bzw. EFTA-Staaten wiesen mit 73% ähnliche Erwerbstätigenquoten auf wie die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund. Bei Personen aus Drittstaaten war das Ausmaß der Erwerbstätigkeit dagegen deutlich niedriger (63%) und schwankte innerhalb dieser Gruppe stark: So lag im Jahr 2019 die Erwerbsbeteiligung von Personen mit Migrationshintergrund aus den Nachfolgestaaten Jugoslawiens (ohne Slowenien und Kroatien) bei 70%, bei Personen aus Afghanistan, Syrien und dem Irak betrug sie lediglich 41%. Zuwanderung in Österreich Zu Jahresbeginn 2020 lebten in Österreich 8,9 Mio. Personen. Gegenüber 2010, als Österreich 8,35 Mio. Einwohner/innen zählte, bedeutete dies einen Zuwachs um ca. 550 00 Personen (+6,6%). Dieser Bevölkerungsanstieg war zu 95% direkte Folge von Migration.1 Nur rund 5% des Zuwachses (+28 000) ergaben sich aus dem kleinen Geburtenüberschuss der letzten Dekade.2 Dieser Geburtenüberschuss selbst war jedoch ebenso eine indirekte Folge der Zuwanderung, denn es wanderten überwiegend jüngere Erwachsene zu, von denen etliche in Österreich Kinder bekamen. Ohne sie gäbe es in Österreich keinen Geburtenüberschuss. 1 Wanderungsüberschuss = mehr Zuwanderung aus dem Ausland als Abwanderung ins Ausland 2 Natürliche Bevölkerungsentwicklung (Geburten minus Todesfälle) (https://www.bundeskanzleramt.gv.at/service/­ publikationen-aus-dem-bundeskanzleramt/­ publikationenzu-integration/integrationsberichte.html, abgerufen am 29. 4. 2021) M1 Österreich ist ein Zuwanderungsland. Wer erhält Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung? EU- bzw. EWR-Bürgerinnen/EU- bzw. EWR-Bürger haben in Österreich nur dann einen uneingeschränkten Anspruch auf die Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung, wenn sie sich als Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer in Österreich aufhalten oder schon länger als fünf Jahre in Österreich wohnen. Drittstaatsangehörige haben grundsätzlich nur dann einen Anspruch auf die Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung, wenn sie schon mehr als fünf Jahre rechtmäßig in Österreich gelebt haben. Asylberechtigte haben ab dem Zeitpunkt, ab dem ihnen der Schutzstatus als Flüchtling zuerkannt wird, Anspruch auf die Sozialhilfe. Subsidiär Schutzberechtigten hingegen sind ausschließlich Kernleistungen der Sozialhilfe zu gewähren, die das Niveau der Grundversorgung nicht übersteigen. (https://www.oesterreich.gv.at/themen/soziales/­ armut/3/2/Seite.1693906.html, abgerufen am 10. 6. 2021) M2 Sozialhilfe Nur zu Prüfzwecken – Eige tum des Verlags öbv

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