global 7. Geographie und Wirtschaftskunde, Schulbuch

110 Fallbeispiel Kompetenzorientierte Lernziele Sachtexte auswerten Lebenssituationen von Flüchtlingen einschätzen Chancen und Grenzen subjektzentrierter Zugänge im Vergleich zu verallgemeinerten Berichten darstellen Krieg und Terror – Kampf gegen den Islamischen Staat Begonnen hat der Konflikt im Frühjahr 2011 mit Protesten gegen Staatspräsident Baschar al-Assad. Die Menschen forderten mehr Freiheit und Demokratie und wehrten sich gegen die Unterdrückung und Zensur des Regimes. Seither bekämpfen sich Regierungs-Anhänger und Gegner, verschiedenste Gruppierungen wollen an die Macht, unter anderem auch die Terrororganisation „Islamischer Staat“. Bei den kriegerischen Auseinandersetzungen sind mittlerweile schon mehr als 250 000 Menschen ums Leben gekommen. Die Situation für die syrische Bevölkerung wird immer dramatischer, vielen Menschen fehlt es am Notwendigsten zum Überleben. Mangels Perspektiven und aus Angst vor Verfolgung und Gewalt verlassen viele ihre Heimat. UN-Flüchtlingskommissar António Guterres bezeichnet die Syrien-Krise als die dramatischste humanitäre Ausnahmesituation weltweit seit langer Zeit. Millionen Syrer sind seit Beginn des Konfliktes über die Landesgrenzen geflohen. Die meisten haben in Jordanien, im Libanon und der Türkei Schutz gesucht. Hunderttausende haben sich auf eigene Faust auf den Weg nach Europa gemacht und setzen auf der Flucht ihr Leben aufs Spiel. Innerhalb der syrischen Grenzen zählen die Vereinten Nationen über sieben Millionen Heimatvertriebene. Erbittert kämpfen die Konfliktparteien um strategisch wichtige Städte wie Kobane, Palmyra, Aleppo und die Hauptstadt Damaskus. Die syrische Armee und die Kurden wehren sich mit Unterstützung von Luftangriffen der USA und ihrer Verbündeten gegen den Vormarsch der IS-Miliz. Es ist ihnen zum Teil gelungen, strategisch wichtige vom IS kontrollierte Gebiete wieder zurückzuerobern. Seit sich Russland nun auch militärisch in Syrien engagiert, ist die Lage noch komplizierter, und die Interessen der USA und ihrer westlichen Verbündeten prallen mit jenen Russlands aufeinander, da Putin Machthaber alAssad unterstützt. Allein in einem Punkt sind sich alle einig: Dass der „Islamische Staat“ ein gemeinsamer Feind ist, der bekämpft werden muss, umso mehr nun seit den jüngsten Terroranschlägen in Europa. (http://www.politische-bildung.de/syrien.html, abgerufen 25. 2. 2017) M1 Zur Lage in Syrien Migrationsgrund Syrienkrieg 1. Ich heiße Yusuf und wurde 1999 in Aleppo (Syrien) geboren, habe eine Schwester und drei Brüder. Am liebsten mochte ich Fußballspielen, Schwimmen und Tischtennis. Wir wohnten in einer schönen, großen Wohnung in einem Vorort von Aleppo. Mit einem älteren Bruder war ich oft im Park Fußball spielen. 2. Einige Monate später durfte ich meinen Vater im Suq besuchen. Er war dort ein Seifenhändler. Meine Mutter arbeitete jahrelang als Angestellte in einem Amt. 3. In Aleppo besuchte ich zusammen mit 32 anderen Schülern die erste Klasse der Volksschule für Buben. Die Schuluniform an meiner Schule war blau. Im Unterricht war ich von Beginn an fleißig und hatte gute Noten. Am liebsten hatte ich Englisch. Manchmal half ich meinem Vater im Seifengeschäft im Bazar. 4. Als ich zehn Jahre alt war, reiste meine Familie gerne in Syrien. Ich lernte die Hauptstadt Damaskus, die Stadt Homs und viele andere Städte und Orte kennen. Syrien war ein sehr schönes Land, und ich habe mich sehr an meine Heimat gewöhnt. 5. Eines Tages begannen auf den Straßen Demonstrationen: Die Menschen protestierten gegen die Regierung. Dann schossen die Sicherheitskräfte auf die Menschen. Es gab Tote und Verletzte. In den Straßen wurde lange Zeit gekämpft: Soldaten, Raketenwerfer, Kampfflugzeuge, Hubschrauber, Bomben. Ich hatte Angst! 6. Nun besuchte ich die dreijährige Mittelschule. Auch dort hat es mir gut gefallen, und bald hatte ich wieder viele neue Freunde. Englisch war nach wie vor mein Lieblingsfach. 7. In der Nacht vom 28. auf den 29. September 2012 gab es in Aleppo wieder schwere Kämpfe. Dabei wurde fast der gesamte historische Bazar von Aleppo durch ein großes Feuer zerstört. Auch das Seifengeschäft meines Vaters brannte ab, und meine Familie verlor einen wichtigen Teil ihrer Lebensgrundlage. Wenige Wochen später verlor auch meine Mutter ihren Arbeitsplatz. Nun mussten wir von unseren Ersparnissen leben. 8. Doaa hieß meine Freundin. Wir gingen gerne gemeinsam im Park spazieren oder in ein Café. 9. Als ich 15 Jahre alt war, wurde in Aleppo gekämpft. Ich hörte Soldaten, Panzer und Schüsse. Wir mussten unsere Wohnung verlassen, dann wurde unser Haus geplündert. Das Nachbarhaus wurde zerstört. 10. Wir fanden bei meiner Großmutter Unterschlupf. Im Viertel meiner Großmutter war es relativ ruhig. In ihrer Wohnung ging es mir gut, denn meine Großmutter hatte mich sehr gerne und verwöhnte mich. 11. Im Juni 2015 wurden die Gefahren immer größer. Daher wurden mein jüngerer, mein älterer Bruder und ich von meinen Eltern weggeschickt. Wir hatten einen Rucksack mit Kleidung und Essen, Geld, Handys und Pässe. Mit einem Kleinbus fuhren wir nach Norden bis vor die syrisch-türkische Grenze. Wir versteckten uns und liefen in der Morgendämmerung über die Grenze. Von dort fuhren wir mit Bussen bis Izmir. Nur zu Prüfzwecken – Eigentum des Verlags öbv

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