Wie unterrichte ich eine sehr heterogene Klasse? Darüber spricht Isabella Benischek von der KPH Wien/Krems im Podcast #KlasseZwanzigZukunft.
In Österreichischen Schulen werden die Klassen immer heterogener. Das fordert Lehrkräfte zunehmend heraus: Manche Schüler*innen haben noch Probleme bei Basiskompetenzen und beim sinnerfassenden Lesen, andere begreifen neue Lerninhalte in kürzester Zeit und langweilen sich dann. Wie gelingt es, allen gleichermaßen gerecht zu werden? Darüber hat öbv-Geschäftsführer Philipp Nussböck im Podcast #KlasseZwanzigZukunft mit Isabella Benischek gesprochen. Sie leitet das Ausbildungsinstitut der KPH Wien/Krems und forscht seit vielen Jahren zu heterogenen Klassen.
Benischek definiert Heterogenität als Unterschiedlichkeit auf vielen Ebenen: sprachlich, kulturell, sozial, leistungsbezogen. Diese Vielfalt sei nicht etwa ein Problem, betont sie. Im Gegenteil: Dass in einer Klasse ganz unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Leistungsniveaus und Hintergründen zusammenkommen, sei ganz normal und könne zur Bereicherung werden. Um damit gut umzugehen, brauche es eine wertschätzende Beziehung zu den Schüler*innen, klare Strukturen im Klassenzimmer und eine Unterrichtsgestaltung, die verschiedene Lernzugänge erlaubt.
Isabella Benischek nennt zahlreiche Zugänge und konkrete Beispiele, wie Unterricht Schüler*innen unterschiedlicher Leistungsniveaus gleichermaßen mitnehmen kann: Visualisierungen, unterschiedliche Sozialformen, eigenverantwortliches Arbeiten, forschendes Lernen und variable Aufgabenstellungen. Besonders wirksam sind aus ihrer Sicht selbstdifferenzierende Aufgaben:
Was auf den ersten Blick nach Mehraufwand klingt, kann langfristig entlastend wirken. Denn wenn Schüler*innen zunehmend selbstständig lernen und einander sogar gegenseitig unterstützen, wird das Lernklima ruhiger und produktiver.
Ein zentraler Begriff in Benischeks Ausführungen ist die pädagogische Diagnostik. Nur wer weiß, wo die Schüler*innen gerade stehen, kann passende Angebote machen. Dabei denkt sie nicht an standardisierte Tests, sondern an eine Art „pädagogische Landkarte“: Wer braucht welche Hilfe? Wer kann schon selbstständig arbeiten? Wer profitiert von Zusammenarbeit?
Auf dieser Grundlage lassen sich Lerngruppen bilden – nicht starr, sondern flexibel und situativ. Diese Diagnostik helfe nicht nur der Lehrperson, sondern ermögliche auch den Schüler*innen, ihre Fortschritte zu erkennen und Verantwortung für ihr Lernen zu übernehmen.
Ein weiteres theoretisches Fundament, das Benischek ins Spiel bringt, ist die Selbstbestimmungstheorie von Deci & Ryan. Sie betont drei Grundbedürfnisse, die auch in der Schule erfüllt sein müssen, damit Lernen gelingt:
Diese Prinzipien helfen nicht nur bei der Gestaltung des Unterrichts, sondern auch dabei, eine positive Lernkultur zu etablieren in der Schüler*innen sich trauen, Fragen zu stellen, um Hilfe zu bitten und Verantwortung zu übernehmen.
Wer auf eine One-size-fits-all-Anleitung gehofft hat, wird enttäuscht – aber nicht ratlos zurückgelassen. Isabella Benischek weist auf eine Fülle an Methoden hin, aus denen Lehrkräfte je nach Situation auswählen können. Dazu gehören Kennenlernspiele zu Schulbeginn, um Beziehungen aufzubauen, unterschiedliche Methoden je nach Thema, Lerngruppen und Zielen und eine Feedbackkultur, die auch kleine Lernfortschritte sichtbar macht. Wichtig sei auch Partizipation, nicht nur im Unterricht, sondern auch in der Gestaltung des Schullebens.
Klar ist auch: Differenzierung kostet Zeit – und Lehrkräfte sind ohnehin bereits stark belastet. Auf die Frage, wie man ressourcenschonend mit Heterogenität umgehen kann, antwortet Benischek ehrlich: „Ganz ohne Mehraufwand geht es nicht – aber es lohnt sich.“
Sie empfiehlt:
Ein wichtiger, oft unterschätzter Aspekt: die Zusammenarbeit mit Eltern. Auch hier setzt Benischek auf Niederschwelligkeit und Beziehung. Elternabende sollten nicht nur bei Problemen stattfinden, sondern auch zur Würdigung von Erfolgen. Gemeinsame Aktivitäten wie Wandertage oder Feste schaffen Beziehung. Sprachlich einfache Kommunikation ist besonders bei Eltern wichtig, die Deutsch nicht als Erstsprache haben. Ziel sei eine echte Bildungspartnerschaft auf Augenhöhe, in der klar ist: „Wir wollen alle das Gleiche – dass es dem Kind gut geht.“
Was können Sie als Lehrkraft konkret tun? Isabella Benischek bringt es auf den Punkt:
Am Ende der Folge stellt Philipp Nussböck wie immer die Frage nach der Schule der Zukunft. In Isabella Benischeks Utopie ist die Schule ein Ort, in dem …
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Dieser Artikel ist nur eine verkürzte Zusammenfassung. Noch mehr kluge Gedanken und interessante Inspiration gibt es in der Podcastfolge.
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