Warum sollte Schule agil werden?

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Titelbild Magazin Podcast8

Was ist agiler Unterricht und wie hilft er Schüler*innen, Zukunftskompetenzen aufzubauen? Darüber spricht Marie Wegmann von Scrum4Schools im Podcast #KlasseZwanzigZukunft.

Wie kann agiler Unterricht Lernprozesse verbessern und die Selbstständigkeit der Schüler*innen fördern? Darüber hat öbv-Geschäftsführer Philipp Nussböck im Podcast #KlasseZwanzigZukunft mit Marie Wegmann von Scrum4Schools gesprochen. Sie erklärt ganz praxisnah, wie agiles Lernen Kindern und Jugendlichen wesentliche Zukunftskompetenzen vermittelt. Sie gibt Tipps zur Einführung und hat Ideen, wie man das Ganze niederschwellig ausprobieren kann.

Stellen Sie sich vor, Ihre Klasse organisiert sich selbst, arbeitet in Teams, entwickelt eigene Projekte und betrachtet Fehler nicht als Rückschläge, sondern als Chancen. Genau darum geht es beim agilen Lernen. In der aktuellen Podcastfolge von #KlasseZwanzigZukunft spricht Host Philipp Nussböck mit Marie Wegmann von Scrum4Schools über die Chancen, Herausforderungen und ersten Schritte in Richtung agilen Unterrichts.

Keine Angst vor Fehlern!

Ein zentraler Gedanke von Marie Wegmann: In agilen Lernzyklen geht es nicht darum, von Anfang an alles perfekt zu können. Vielmehr lernen Schüler*innen, ihre Arbeit regelmäßig zu präsentieren, Feedback anzunehmen und Verbesserungen umzusetzen. Durch die Lernzyklen lernt man mit einer speziellen Form der Fehlerkultur: der Potenzialentfaltungskultur. Dabei werden Fehler als „Helfer“ verstanden; ein Perspektivenwechsel, der zu mehr Motivation und Selbstvertrauen führt.

„Ich muss nicht alles von vornherein können. Ich lerne das ja gerade erst.“

Das Faszinierende: Agiles Arbeiten ist nichts Künstliches. Durch Ausprobieren, Hinfallen und Wiederaufstehen lernen Kinder von Natur aus agil. Die Schule, so Marie Wegmann, trainiere diese Art des Lernens jedoch oft ab. Genau hier setzt Scrum4Schools an: Schüler*innen bekommen die Möglichkeit, Lernprozesse aktiv mitzugestalten, im eigenen Tempo voranzukommen und ihre Stärken einzubringen.

Wie sieht das in der Praxis aus?

Ein agiles Klassenzimmer unterscheidet sich sichtbar vom traditionellen Unterricht:

  • Schüler*innen arbeiten in Teams von 4–5 Personen an Projekten zu Themen aus dem Lehrplan.
  • Projekte können fächerübergreifend gestaltet werden. Ein „Mittelalter-Projekt“ verbindet beispielsweise die Fächer Deutsch, Musik, Geschichte und Geografie.
  • Lernprodukte können vielfältig sein. Wie z. B. ein Podcast, ein Plakat, eine Präsentation, ein Video und vieles mehr.
  • Lernaufgaben werden in kleine, umsetzbare Schritte zerlegt.
  • Die Teams behalten den Überblick mithilfe eines Taskboards (Was ist noch zu tun? Woran arbeiten wir gerade? Was ist schon erledigt?)

So wird der Lernstoff für die Schüler*innen lebensnäher und leichter greifbar. Und nebenbei erwerben diese auch Kompetenzen wie Selbstorganisation, Teamarbeit und Eigenverantwortung.

Was verändert sich für Lehrkräfte?

Lehrkräfte agieren in diesem Prozess nicht mehr nur als Wissensvermittler*innen, sondern zunehmend als Lerncoaches. Diese Umstellung erfordert zwar Mut, etwa um Kontrolle abzugeben, bringt aber große Entlastung. Viele fürchten einen Mehraufwand. Tatsächlich ist der Einstieg arbeitsintensiver, da die neue Arbeitsweise erst erlernt werden muss. Auf Dauer, so zeigt die Erfahrung, reduziert agiles Lernen aber die Belastung. Lernprozesse laufen klar strukturiert ab und Schüler*innen übernehmen mehr Verantwortung.

Chancen für Schüler*innen

Agiles Lernen öffnet Räume für Talente, die im klassischen Unterricht oft verborgen bleiben. Manche Kinder glänzen beim Organisieren, andere bei der Visualisierung oder der Moderation von Diskussionen. Beispiele aus der Praxis zeigen: Schüler*innen arbeiten hoch motiviert, wenn sie eigene Projekte entwickeln können, so sehr, dass sie manchmal sogar ohne Aufforderung nach der Pause weitermachen. Dabei verhindern Wiederholungen und Feedbackrunden, dass Lernende „verloren gehen“.

„Wenn man anfängt, agil zu arbeiten, kommen Talente hoch, von denen weder die Schüler*innen noch die Lehrer*innen vorher wussten.“

Natürlich gibt es auch Herausforderungen. Sowohl Lehrkräften als auch Schüler*innen fällt es schwer, ihre Gewohnheiten zu ändern. Manche Kolleg*innen reagieren zunächst skeptisch („Schon wieder was Neues …“). Eltern sind manchmal besorgt, dass Projektunterricht weniger „echtes Lernen“ bedeutet. Doch die Erfahrung zeigt: Wenn Kinder begeistert erzählen, was sie im Projekt gemacht haben, merken Eltern und Lehrkräfte schnell, dass hier erfolgreich gelernt wird.

Drei konkrete Tipps für den Start

Marie Wegmann empfiehlt Lehrkräften drei niederschwellige Einstiege in agiles Lernen:

  1. Transparenz schaffen – z. B. mit einem Taskboard oder einer einfachen Visualisierung an der Tafel.
  2. Reflexionsrunden durchführen – Schüler*innen fragen, was ihnen beim Lernen hilft und was sie stört.
  3. Fehlerkultur fördern – Fehler offen besprechen und als Chance zum Lernen begreifen.

So können Lehrkräfte erste Schritte ausprobieren, ohne gleich das gesamte Unterrichtskonzept umkrempeln zu müssen.

„Die agile Vorgehensweise ist in uns angelegt. Jedes Kind lernt von alleine zu gehen – durch Ausprobieren, Hinfallen und Ausprobieren.“

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